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Oberst des 5. Linienbataillons
Christian Friedrich Wilhelm Freiherr von Ompteda

Mit dem Verlust von la Haye Sainte trat die höchste Krisis des Kampfes ein. In seiner rechten Flanke von den sich immer mehr verstärkenden Preußen dauernd in seiner Rückzugslinie bedroht, sah Napoleon sein einziges Heil in dem schleunigen Durchbrechen der feindlichen Stellung bei Mont St. Jean. Gerade eben - 6 Uhr - hatte die junge Garde Planchenoit wieder erobert und vorübergehend in der rechten Flanke Luft geschaffen, jetzt war auch la Haye Sainte genommen: nun mußte der Durchbruch gelingen!

Unter einem Hagel von Geschossen von der englischen Hauptstellung am Hohlweg ließ Ney eine reitende Batterie bis in die Höhe des eroberten Pachthofes östlich der Straße vorgehen und die Einbruchsstelle auf nur 300 m Entfernung beschießen. Die ganze französische Linie östlich der Brüsseler Straße bekam einen neuen Impuls zum Vorgehen. Ein Bataillon verdrängt die beiden Kompanien vom 95. englischen Regiment aus der Sandgrube und beschießt nun die Truppen am Hohlweg auf nur 80 m. Weiter rechts sammeln sich die Trümmer der Divisionen Allix, Donzelot und Marcognet und drängen stellenweise bis zum Weg von Ohain vor. Auf nächste Entfernung liegt man sich gegenüber, schießt durch die Hecken, über die Ränder des Hohlweges, geht sich mit dem Bajonett zu Leibe. Es ist klar zu erkennen, daß ein jetzt etwa erfolgender französischer Vorstoß mit frischen Kräften gelingen muß.

Unerträglich wird das Feuer der Franzosen, wenn auch die Batterie bei la Haye Sainte durch englische Schützen schnell zum Schweigen gebracht wird. Aber unerschüttert halten zunächst noch die deutschen und englischen Bataillone, obwohl sie in erschreckender Weise zusammengeschmolzen sind.

Da erscheint auf schweißbedecktem Pferde ein Adjutant des Prinzen von Oranien mit dem Befehl, Oberst von Ompteda solle mit dem 5. Linienbataillon die von la Haye Sainte vordringenden Kolonnen zurückwerfen. (Nach Houssaye hätte auch das 8. Linienbataillon jetzt eingegriffen. Das ist irrig, der Angriff, in welchem Oberstleutnant v. Schröder fiel, war viel früher.) Mit Bestimmtheit macht Ompteda darauf aufmerksam, daß französische Kürassiere bei la Haye Sainte zum Eingreifen bereit ständen; mindestens möge Kavallerie-Unterstützung mitgegeben werden.

Kurze Zeit darauf erschien der jugendliche Prinz von Oranien selbst in Begleitung des Generals Karl v. Alten und wiederholte seinen Befehl, Ompteda seine Bedenken. Obenhin soll darauf der Prinz erklärt haben, die im Grunde haltende Kavallerie sei nicht französische, sondern holländische. Schließlich bestand er auf der sofortigen Ausführung eines Bajonettangriffs in Linie und verbat sich alle weiteren Einwendungen.

Ompteda war ein hervorragender Soldat von bewährter Tapferkeit und empfindlichstem Ehrgefühl, seine Briefe aus dem kläglichen Feldzuge des Jahres 1803 zeigen den weiten Blick des feingebildeten Mannes neben dem warmen Herzen des wahren Patrioten. Die verletzende Schärfe des Befehls seines Vorgesetzten hieß ihn jede bessere Einsicht unterdrücken. Er zog seinen Degen und setzte sich hoch zu Roß an die Spitze des knapp 200 Mann zählenden Bataillons, dessen Kommando der Oberstleutnant v. Linsingen führte. Diesem flüsterte er hastig die Bitte zu, sich seiner beiden jungen Neffen anzunehmen (Gemeint sind die beiden jugendlichen Fähnriche von Ompteda vom 6. Linienbataillon, die augenblicklich beim 5. Linienbataillon Dienst taten. Christian Ludwig v. Ompteda war damals erst 16, Ludw. Albrecht v. Ompteda erst 14 Jahre alt.), und ritt dem Feinde entgegen.

Das Bataillon entwickelte sich in Linie, überkletterte den Hohlweg und ging mit lautem Hurrah gegen den nördlichen Garten des Pachthofes von la Haye Sainte vor.

Vor dem deutschen Vorstoß wichen die Franzosen hinter die Hecke des Gartens zurück. In diesem Augenblick jagte ein französisches Kürassier-Regiment, genau wie Ompteda es vorhergesehen hatte, der aufgelösten Linie des 5. Linienbataillons in die Flanke und rollte sie von Westen her völlig auf. Die ganze Linie wurde zersprengt und zusammengehauen, 4 Offiziere und gegen 130 Mann erlagen den feindlichen Streichen.

Die eine der beiden Fahnen ging verloren.

Unter Führung des Oberstleutnants v. Linsingen sammelten sich im Hohlweg bei der einzelnen Ulme nur 20 - 30 Mann mit einigen Offizieren. Linsingen war es gelungen, die beiden noch im Knabenalter stehenden Neffen des Obersten v. Ompteda zu retten.

Ompteda selbst ritt inzwischen, weit vor der Front des Bataillons, gegen die zurückgewichenen Schützen vor. Kapitän Berger, der ihm zu folgen suchte, sah, wie die Franzosen verwundert mit Schießen innehielten, wie die Offiziere ihren Leuten die Gewehrläufe mit den Degen in die Höhe schlugen. Als aber der einzelne Reiter, durch seinen weißen Federbusch als höherer Offizier kenntlich, mitten in die Schützenlinie an der Gartenhecke hineinsprengte und mit wuchtigen Hieben einigen Soldaten die Tschakos vom Kopfe schlug, da fielen sie über ihn her und schossen ihn vom Pferde. (Unzweifelhaft hat Omptedas empfindliches Temperament ihn hier freiwillig den Tod suchen lassen. Ompteda war seelisch sehr erregbar und bereits zwei Mal längere Zeit an einem Gemütsleiden erkrankt.)

Omptedas Adjutant v. Brandis fand die Leiche am Abend ausgeplündert, aber noch vollständig bekleidet, an der Gartenhecke. Der Tod war infolge eines aus nächster Nähe abgegebenen Schusses durch den Hals eingetreten.

Sechs Omptedas haben der deutschen Legion gedient; Oberst Christian v. Ompteda war der vierte, der im Dienste desselben das Leben ließ. Kapitän Sander, die Leutnants Berger und G. Klingsöhr sowie Fähnrich Walther des 5. Linienbataillons waren verwundet. Der Adjutant, Leutnant Schuck, war schon vor dem Bajonettangriff während des heftigen Feuers von la Haye Sainte gefallen.

Ein Versuch der französischen Kürassiere, nach Überreiten der deutschen Legionäre gegen den Hohlweg selbst anzureiten, scheiterte an dem heftigen auf nur 20 Schritt Entfernung abgegebenen Feuer der dort aufgestellten, durch Barings kleine Mannschaft verstärkten, Schützen. Auch hier waren inzwischen die größten Verluste eingetreten, Kapitän v. Marschalck gefallen, Kapitän v. Gilsa schwer verwundet, Leutnant Albert erschossen. Dem tapferen Verteidiger des Pachthofes, Leutnant Graeme, war die Hand, dem Major H. v.d. Bussche vom 1. leichten Bataillon der rechte Arm zerschmettert.

Die Kürassiere gingen in den Talgrund zurück, sammelten sich aber sehr schnell und waren schon wieder bereit zur Attacke, als das 3. deutsche Husaren-Regiment gegen sie anritt. Nur noch 60 Rotten zählte das Regiment in diesem Augenblick. Unter Kerssenbruchs Führung stürzte es sich auf die Franzosen und drängte dieselben zurück. Da brausten den Deutschen plötzlich Lanciers in den Rücken und zwingen zum Zurückweichen hinter die Karrees der Infanterie. Der tapfere Rittmeister v. Kerssenbruch war gefallen, das Regiment zählte nur noch etwa 40 Rotten, Rittmeister v. Goeben übernahm das Kommando.

Bei Hougoumont wütete der Kampf zu dieser Zeit mit ungeschwächter Heftigkeit fort. doch gelang es den Franzosen nicht, die Mauer des Schloßgartens von den Verteidigern zu räumen, obwohl sämtliche Gebäude brannten und die Verluste sich immer mehr häuften. Die Linienbataillone der Brigade du Plat wurden nach und nach bis auf den letzten Mann in den Kampf eingesetzt.


Inzwischen erwartete Wellington sorgenvoll den letzten entscheidenden Sturm Napoleons. Boten über Boten waren Blücher entgegengeschickt, um ihn zu baldigem Eingreifen zu veranlassen; immer stärker entwickelte sich ja auch, dem Auge erkennbar, der Kampf bei Planchenoit. Doch lag es in der eigenartigen Natur dieser Schlacht, daß sich die Wirkung des preußischen Eingreifens in der englischen Front zunächst noch nicht geltend machte, vielmehr den Kaiser nur zu vermehrten Kraftanstrengungen gegen Wellington veranlaßte.

Die englisch-deutsche Stellung westlich der Brüsseler Straße war erschüttert, die Brigade Ompteda annähernd aufgerieben, Kielmannsegges hannoversche Bataillone aufs Äußerste zusammengeschmolzen. Manche Bataillone wurden von Kapitäns und Leutnants geführt, viele Geschütze längs der ganzen Schlachtlinie waren zerschossen; die Kavalleriebrigaden Ponsonby und Somerset, Englands Stolz, bildeten zusammen keine 2 Schwadronen mehr. Nur die Reiterbrigaden Vivian und Vandeleur auf dem linken Flügel hatten erst wenig gelitten. An höheren Führern verließen der Prinz von Oranien, General Karl v. alten, Oberst Colin Halkett verwundet das Schlachtfeld. Die Haltung des Herzogs v. Wellington blieb unerschüttert. Allen Bitten um Verstärkungen und sonstigen Vorstellungen setzte er sein unbeugsames: "Aushalten bis auf den letzten Mann!" entgegen.

So standen die Dinge, als Ney von seinem Kaiser einige frische Bataillone Infanterie verlangte. Hätte er diese jetzt bekommen, so besteht kaum ein Zweifel, daß der Durchbruch auf Mont St. Jean gelungen wäre. Gerade aber in diesem entscheidenden Moment glaubte Napoleon, keins seiner noch verfügbaren Gardebataillone entbehren zu können und stellte dieselben längs der großen Straße mit Front gegen Planchenoit auf, welches die Preußen soeben erobert hatten. Planchenoit wird durch 2 Gardebataillone wieder genommen, die dringendste Gefahr in der rechten Flanke ist fürs Erste abgewendet.

Aber der günstige Moment ist verpaßt. Als der Kaiser sein Augenmerk der britischen Stellung wieder zuwendet, sieht er ganz rechts die Division Durutte im Besitz von Papelotte und la Haye und im weiteren Vorschreiten gegen die Höhe. Weiter links erkennt er die Divisionen Marcognet, Donzelot, Allix ganz dicht vor dem vielumstrittenen Hohlweg. Ganz links gewahrt er das brennende Hougoumont, das gerade von Teilen der Division Jérôme umzingelt wird.

Die Sonne ergießt sich mit leuchtenden Strahlen über das blutige Schlachtfeld. Glückverheißend klingt fern, doch allmählich näher kommend, Grouchys Kanonendonner von Limale herüber. Neue Hoffnung zieht dem Franzosenkaiser ins Herz. Er entschließt sich zum Einsetzen der Garde gegen Wellington.

Zu spät! Die gewährte Frist hatte der Herzog trefflich benutzt, frische Bataillone der Brigade Vincke und der Braunschweiger in die vordere Linie gezogen und auf seiner ganzen Front die erschöpften Franzosen bis an den Fuß des Berges hinuntergedrängt. Nur verhältnismäßig kurze Zeit hatte Kielmannsegge, der für General v. Alten jetzt die Division führte, mit seinen Hannoveranern und den Trümmern der Brigade Ompteda hinter den Hohlweg zurückgehen müssen. Unter Trommelschall führte Kielmannsegge im Sturmschritt seine Truppen vor und nahm den alten so lange rühmlich behaupteten Platz am Hohlweg wieder ein.

Vom linken Flügel her trafen die Reiterbrigaden Vivian und Vandeleur, durch das Eintreffen der Preußen dort jetzt entbehrlich geworden, von Braine l’Alleud die niederländische Division Chassé hinter der Mitte ein.

7½ Uhr, der letzte Akt des blutigen Dramas!

6 Gardebataillone steigen von Belle Alliance in das Tal hinab. Eins davon hält Napoleon noch unterwegs an, die anderen unterstellt er Ney zum letzten entscheidenden Angriff. Alle französischen Batterien verstärken das Feuer, den Truppen wird das Eintreffen Grouchys angekündigt, den ermatteten Divisionen der Korps Erlon und Reille die Unterstützung der Garden anbefohlen.

Verrat erleichterte dem Herzog die Abwehr dieses letzten und schlimmsten Angriffs. Ein Kapitän der Karabiniers jagte zu der feindlichen Höhe hinüber und teilte mit, daß Napoleon mit der Garde noch vor einer halben Stunde angreifen würde. Schnell hatte Wellington daraufhin seine Anordnungen getroffen, seine letzten Batterien aus der Reserve in die vordere Linie vorgenommen und alle Truppen ihre alten Stellungen längs des Hohlwegs wieder einnehmen lassen. Die Legionsbrigade du Plat stand mit der hannoverschen Brigade Hugh Halkett in Verlängerung des rechten Flügels bei Hougoumont, Omptedas gelichtete Scharen nach wie vor westlich der Brüsseler Straße. Zu ihrer Unterstützung war dahinter die Kavalleriebrigade Vivian aufmarschiert.

Die 2. Dragoner der Legion waren mit der Division Chassé hinter der Mitte eingetroffen. Alle Batterien waren aufs neue angewiesen, nur gegen die Sturmkolonnen zu feuern.

Unter allgemeinem Vorgehen der gesamten Linie, vorn gedeckt durch Schützenschwärme, die mit lebhaftem Feuer einen Rauchschleier vor die heranrückenden 4 Kolonnen der Garde legen, marschieren diese mit angefaßtem Gewehr, gerichtet wie bei einer Parade in den Tuilerien, in stolzer Haltung und mit größter Ruhe, alle Offiziere vor der Front, gegen die feindliche Stellung vor. An der Spitze Ney, dem alsbald das 5. Pferd unter dem Leibe erschossen wird, worauf er zu Fuß, den Degen in der Faust, vor der am weitesten rechts befindlichen Kolonne des 3. Grenadier-Regiments neben General Friaud weiter marschiert. Die einzelnen Bataillons-Kolonnen gelangen nicht gleichzeitig an den Feind; auch die Anmarschrichtung - westlich am Pachthof la Haye Sainte vorbei - war ungünstig gewählt, da die rechte Flanke des Anmarsches über freies Feld ging. Beim Vorrücken auf der geraden Straße nach Brüssel wären beide Flanken durch den Anstieg des Geländes auf beiden Seiten gedeckt gewesen.

Vereinzelt kamen die französischen Garden an den Feind, wurden aus nächster Nähe mit Feuer überschüttet, in kurzen Augenblicken hunderte ihrer tapferen Veteranen niedergeworfen. Mit unwiderstehlicher Wucht werfen sich die englischen Garden Maitlands, bei denen sich der eiserne Herzog selbst befindet, mit dem Bajonett auf den Feind und drängen seine Trümmer in den Talgrund. Der Schreckensruf "Die Garde geht zurück" pflanzt sich durch die ganze Schlachtlinie fort und als nun, statt der erwarteten Unterstützung durch Grouchy bei Ohain neue preußische Kräfte in den Kampf eintreten und östlich der Brüsseler Straße die Geschütze Blüchers und Wellingtons sich zum Kreuzfeuer ergänzen, da erschallt auch bald als Signal für eine allgemeine Panik der Wutschrei: Verrat, rette sich wer kann!

Seinen Hut schwenkend, gibt Wellington das Zeichen zum Vorgehen auf der ganzen Linie und unaufhaltsam wälzt sich alles von den Höhen hinab durch den Talgrund auf Belle Alliance zu, von wo Napoleon unter dem Schutz dreier Gardebataillone zu retten sucht, was möglich ist.

An dieser letzten allgemeinen Offensive war auch die Legionsbrigade du Plat beteiligt; in einer viergliedrigen Linie rückte sie - Hougoumont rechts lassend - gegen la Belle Alliance vor. Die Legionäre Omptedas verblieben ebenso wie die Brigaden Pack, Kielmannsegge und einige Batterien in ihren Stellungen. Leichen und Pferdekadaver lagen vor denselben so hoch aufgeschichtet, daß der Vormarsch Schwierigkeiten geboten hätte.

Schrittweise nur gingen die 3 Gardekarrees allen Angriffen zum Trotz zurück, umschwärmt von Wellingtons Reiterei. Etwas nördlich Belle Alliance war es auch, wo die berühmte und bis auf den heutigen Tag von den Franzosen bestrittene Gefangennahme des Generals Cambronne durch den Oberst Hugh Halkett stattfand.

Einen tätigen Anteil an diesem letzten Teil der Schlacht hatten von der Legion nur die Kavallerie-Regimenter. Die Batterien blieben in ihren Stellungen stehen, nur die 1. reitende Batterie Sympher vermochte noch etwas weiter vorzukommen. Bei dieser hatte sich während des letzten Teils der Schlacht der Oberstleutnant Hartmann befunden, der bis dahin entweder im Stabe des Herzogs oder in dem großen Artilleriepark bei Mont St. Jean beschäftigt gewesen war.

Das 2. Dragoner-Regiment hatte, wie wir gesehen haben, bis zum Abend bei Braine l’Alleud gestanden und den rechten Flügel Wellingtons gesichert, war aber jetzt mit der Division Chassé hinter Wellingtons Mitte eingetroffen. Sowie die französische Garde abgeschlagen war, erhielt es Befehl, zur Attacke gegen Kürassiere und Chasseurs in der Richtung auf Belle Alliance vorzugehen.

Die Kavallerie-Brigade Vivian war kurz vor dem entscheidenden Angriff der französischen Garde hinter den Trümmern der jetzt von Kielmannsegge geführten Division angelangt. Sobald die 2. Kolonne der Garde geschlagen war, also gegen 7¾ Uhr, befahl Wellington dem General Vivian, gegen die bei Belle Alliance sich sammelnden Kavallerie-Reserven vorzugehen.

In 3 Staffeln, vorn die 10., dann die 18., als Reserve die deutschen Husaren, ritt Vivian über den Talgrund und attackierte französische Kavallerie, welche unfern Belle Alliance zur Deckung zweier Gardekarrees aufgestellt war. Hierbei kamen dem ersten Treffen, den 10. Husaren, die deutschen 2. Dragoner in die Quere, indem sie ihnen gerade kurz vor dem Einbruch unter spitzem Winkel in Schwadronskolonnen in die Flanke ritten.

Die deutschen Dragoner schwenkten nun rechts und jagten auf eine starke Abteilung Kürassiere los, die den Angriff durch Karabinerfeuer abzuweisen suchte, bald aber kehrt machte und davon jagte. Bei der Verfolgung lockerte sich die Linie der deutschen Dragoner, so daß es einer anderen feindlichen Abteilung gelang, ihnen in die rechte Flanke hineinzustoßen und sogar in den Rücken zu kommen. Oberstleutnant v. Joncquières ließ Halt und Sammeln blasen, wurde aber verwundet, gleich nach ihm der Oberstleutnant v. Maydell. Darauf sammelte Major Friedrichs mit großem Geschick und Geistesgegenwart das Regiment, bildete eine neue Linie und verjagte den Gegner, wobei einige vorher gefangene Kameraden wieder befreit wurden. Rittmeister v. Bülow und Kornet Drangmeister fielen, mehrere Offiziere und viele Dragoner waren schwer verwundet.

Vivians Attacke gegen die französischen Reiter war inzwischen soweit geglückt, daß er mit gutem Erfolge gegen die 2 Karrees an der Brüsseler Straße vorgehen, diese zwar nicht zersprengen, aber ihren Rückzug beschleunigen konnte. Die deutschen 1. Husaren bildeten auch hierbei die Reserve und wurden schließlich vor die Front der Brigade Vivian gezogen; nur dadurch wurde es möglich, die 10. und 18. Husaren wieder zu ordnen, denn sie waren schon völlig mit den Flüchtigen durcheinander gekommen. (In der Dunkelheit wäre es dann noch fast zu einem Zusammenstoß zwischen den 1. Husaren und britischen Dragonern gekommen; man erkannte sich zum Glück noch an dem Hurrah der deutschen Husaren.)

Das 1. deutsche Husaren-Regiment, bis jetzt während der ganzen Legionsgeschichte am häufigsten zu blutigem Strauß berufen, erlitt am Tage von Waterloo nur einen geringen Verlust. Jedoch hatte es während der Schlacht eine besonders wichtige Aufgabe zu erfüllen gehabt, die in der Geschichte der Schlacht noch unbekannt geblieben zu sein scheint. Es hatte nämlich auf Wellingtons Befehl schon vom Vormittag an dauernd Patrouillen in das Défilé von St. Lambert senden müssen, um die Spitzen der im Anmarsch erwarteten preußischen Kolonnen aufzusuchen. Keine der deutschen Patrouillen ist hierbei mit einer französischen zusammengetroffen, obwohl die Patrouillenritte bis in die späten Nachmittagsstunden hinein fortgesetzt wurden. (Auch hieraus geht hervor, daß Marbots Angaben über seine Aufklärung gegen St. Lambert nicht zutreffend sein können.)

Die Nacht brach herein, In voller Auflösung flüchteten die Trümmer des französischen Heeres auf Genappe, verfolgt von den Preußen, die hier unter Gneisenau das Muster einer Verfolgung bis zum letzten Hauch von Roß und Mann durchführten. Ohne diese tatkräftige Verfolgung bis über Frasnes hinaus wäre niemals die Niederlage der Franzosen zu einer völligen Vernichtung des ganzen Heeres geworden.

Wellingtons Truppen setzten die Verfolgung nicht wesentlich über Belle Alliance hinaus fort, wo die beiden Feldherrn sich begegneten und gegenseitig als Sieger begrüßten. Mitten unter den Schauern des Todes stimmte Bülows Infanterie das: "Herrgott, Dich loben wir" an. Es war wie bei Leuthen.

Wellington ließ seine Truppen auf dem blutdurchtränkten eroberten Schlachtfeld sammeln und biwakieren. Nur das Bataillon Osnabrück gelangte nebst seinem unermüdlichen Brigadier, dem Oberst H. Halkett, mitten unter preußischen Truppen bis Genappe und kehrte erst dort um.