Arbeitskreis Hannoversche Militärgeschichte -> HOME

 

 

 

Generalfeldmarschall Graf von Wallmoden-Gimborn

Mit einer Stärke von 49.650 Mann waren die "Churfürstlich Braunschweig-Lüneburgischen Truppen" aus dem siebenjährigen Kriege an Siegen und Ehren reich zurückgekehrt. Diese hohe Ziffer bedeutete etwa 5 Prozent der Einwohnerzahl, sie konnte natürlich nicht auf die Dauer aufrecht erhalten werden.

Die schon 1763 eintretende Herabminderung auf 12.000 Mann und die durchaus ungenügend geregelten wirtschaftlichen Verhältnisse der Armee führten bald zu völliger Stockung der Beförderung, zur Überalterung in allen Stellen und zum Verfall der Kriegsausrüstung. Hatten die Revolutionskriege 1793 - 95 hierin auch einigen Wandel geschaffen, so blieb doch immer noch viel zu wünschen.

1803 sollte die Armee bestehen aus:
 

3.862 Pferde
134 Pferde
3.996 Pferde

 

Die Infanterie-Regimenter (Garde-Regiment und 1. - 12. Regiment) hatten 2 Bataillone zu 4 Kompanien. Die Kavallerie-Regimenter (Leibgarde und 1. - 10. Regiment) enthielten nach der Herabsetzung im Jahre 1795 nur je 2 Schwadronen. Jede Schwadron zerfiel für die Verwaltung in 2 Kompanien.

An Artillerie waren außer den Regiments-Geschützen der Infanterie - für das Bataillon 2 von den Mannschaften gezogene Dreipfünder - 2 reitende Batterien und 5 unbespannte Linienbatterien vorhanden, die zusammen ein Regiment bildeten. Für letztere mußten im Bedarfsfall Pferde ermietet werden. An Geschützen führten die beiden reitenden Batterien je 1 siebenpfündige Haubitze, 3 sechspfündige Kanonen, 2 dreipfündige Kanonen; die Linien-Batterien hatten keine dreipfündigen Kanonen. Ferner waren vorhanden 1 schwere Reserve-Batterie zu 6 Zwölfpfünder-Kanonen und 1 schwere Festungs-Batterie.

Das Ingenieurkorps gliederte sich in eine Mineur- und eine Pontonier-Kompanie. Als verteidigungsfähige Festung war nur Hameln zu betrachten.

Die obengenannten Zahlen wurden aber nicht erreicht, vielmehr hatten im März 1803 nicht weniger als

 

 

Die Armee war gut. Sie würde sich bei entsprechender Führung "tapfer geschlagen haben und in Ehren untergegangen sein".

Als besonders eigenartig muß der Unterhalt der zahlreichen und vortrefflichen hannoverschen Kavallerie hervorgehoben werden, die im wesentlichen darauf beruhte, daß die ausgebildeten Reiter mit ihren Pferden auf das Land beurlaubt wurden. Sie erhielten für die Zeit ihres Urlaubs nur ihre Löhnung und ein ausreichendes Hartfuttergeld, das Pferd mußte genügend bewegt, durfte aber zu keiner landwirtschaftlichen Arbeit herangezogen werden. Der bis auf den heutigen Tag hervorstechende reiterliche Sinn der hannoverschen Landbevölkerung ermöglichte diesen Gebrauch.

Auf hoher Stufe dienstlicher Tüchtigkeit, gesellschaftlicher Gesittung und wissenschaftlicher Ausbildung stand das kurhannoversche Offizierkorps. (Als Beweis für den Wert des Offizierkorps führt Poten u.a. die spätere Laufbahn von Scharnhorst, v. Scheither, Graf Bismarck und der nachmaligen badischen Generale Schäffer, Stoltze und Meyer, sowie des jüngeren Grafen Wallmoden-Gimborn an.) Es ergänzte sich aus den besten Familien des Landes; Adel, Beamtentum sowie Offizierssöhne stellten den Hauptersatz. Auf kriegswissenschaftlichem Gebiet hatte Scharnhorst vorbildlich gewirkt. Die Zusammensetzung des Offizierkorps von 1803 ist noch heute von besonderem Interesse, weil wir vielen Namen in der Legionsgeschichte und in der deutschen Armee bis auf den heutigen Tag immer wieder begegnen.

Die Konvention von Artlenburg (Lauenburg), auch Elbkonvention genannt, ist für das Verständnis der späteren Vorgänge von Bedeutung. Sie lautete:

"Da der König von England sich geweigert hat, die Konvention von Suhlingen zu ratifizieren, so hat sich der erste Konsul genötigt gesehen, diese Konvention als nicht abgeschlossen anzusehen. Infolge davon haben Generalleutnant Mortier, Oberbefehlshaber der französischen Armee, und seine Exzellenz der Graf v. Wallmoden, Oberbefehlshaber der hannoverschen Armee, folgende Kapitulation abgeschlossen, welche ihrer Natur nach sofort ausgeführt werden muß, ohne der Ratifikation der beiden Regierungen unterbreitet zu werden.

  1. Die hannoversche Armee wird die Waffen niederlegen. Diese werden mit der gesamten Artillerie der französischen Armee übergeben.
  2. Alle Truppenpferde der hannoverschen Kavallerie und die Artilleriepferde werden der französischen Armee durch ein Regierungs-Mitglied übergeben. Eine vom Oberbefehlshaber ernannte Kommission wird sofort abgesendet werden, um deren Stärke und Signalement aufzunehmen.
  3. Die hannoversche Armee wird aufgelöst. Ihre Truppen gehen über die Elbe und ziehen sich in ihre Heimat zurück. Sie werden sich vorher durch Ehrenwort verpflichten, nicht eher wieder die Waffen gegen Frankreich und seine Verbündeten zu führen, ehe sie nicht nach gleichem Maßstab durch ebensoviel französische Armee-Angehörige ausgewechselt sein werden, welche durch die Engländer im Verlauf dieses Krieges gefangen werden könnten.
  4. Die hannoverschen Herren Generale und Offiziere können sich gegen Ehrenwort nach den Orten begeben, welche sie zu ihrem Aufenthalt wählen, vorausgesetzt, daß sie sich nicht vom Kontinent entfernen. Sie behalten ihre Degen, ebenso ihre Pferde, Effekten und Bagagen.
  5. In kürzester Frist wird dem Oberbefehlshaber der französischen Armee eine namentliche Kontroll-Liste alle Angehörigen der hannoverschen Armee zugestellt werden.
  6. Die hannoverschen Soldaten, welche in ihre Heimat zurückgeschickt sind, dürfen nicht Uniform tragen.
  7. Lebensmittel werden den hannoverschen Truppen bis zu ihrer Rückkehr in die Heimat gewährt. Ebenso wird in gleichem Umfang Fourage für die Offizierspferde gewährt.
  8. Die Artikel 16 und 17 der Suhlinger Konvention sollen auf die hannoversche Armee Anwendung finden. (Diese Artikel der Suhlinger Konvention lauteten: "16. Jeder Artikel, über den Zweifel entstehen könnten, soll zu Gunsten der Einwohner des Kurfürstentums ausgelegt werden. 17. Die vorhergehenden Artikel sollen nicht den Vorrang haben vor Abmachungen, welche zu Gunsten des Kurfürstentums zwischen dem ersten Konsul und irgend einer vermittelnden Macht abgeschlossen werden könnten." Sie waren von keiner wesentlichen Bedeutung.)
  9. Die französischen Truppen nehmen sofort den im Lande Lauenburg gelegenen Teil des Kurfürstentums Hannover in Besitz.

So geschehen in doppelter Ausfertigung an der Elbe am 16. Messidor des 11. Jahres der französischen Republik (5. Juli 1803).

Gezeichnet: Generalleutnant und Oberbefehlshaber der französischen Armee Ed. Mortier.

Gezeichnet: Der Marschall Graf v. Wallmoden-Gimborn."

Diese ganze Abmachung trägt den Stempel des Überhasteten. Die sehr wichtige Frage der Geldabfindung der Mannschaften nach ihrer Entlassung war gar nicht berührt und keinerlei Bestimmung getroffen worden, welche eine Bekanntgabe der Konvention an die Armee, besonders der wichtigen Artikel 3 und 4, sicherstellte. Es war nur zu natürlich, daß man französischerseits über die Zugeständnisse der Konvention hinaus sich zu nichts verpflichtet fühlte. Eine große Anzahl von Angehörigen der aufgelösten Armee geriet dadurch in Not und war nun um so eher geneigt, wieder Kriegsdienste zu nehmen.

Die Entwaffnung fand gleichfalls übereilt statt. Am 6. Juli schon erschien eine französische Halbbrigade auf dem rechten Elbufer, die Hannoveraner gingen gegen Ratzeburg und Mölln zurück. Nach erfolgter Ablöhnung wurden sie an die Elbe geführt, gaben hier ihre Waffen und Pferde ab und wurden dann über den Strom gesetzt, um zu Fuß ihren traurigen Heimweg durch die Heide anzutreten. Viele Soldaten aber wandten sich alsbald nordwärts nach Mecklenburg und der Küste zu.

Der Inhalt der Artlenburger Konvention ist den meisten Offizieren und Soldaten erst nachträglich durch die Zeitungen bekannt geworden. Man fühlte sich an die Bestimmungen derselben um so weniger gebunden, als Bonaparte ja selbst früher die Suhlinger Abmachung nicht anerkannt hatte. Zudem war zu erwarten, daß der König von England seine landesherrliche Zustimmung verweigern würde.

Eine feierliche Abnahme des Ehrenwortes fand nicht statt; die Offiziere wurden ihres Dienstes entlassen und erhielten darüber eine Bestätigungsurkunde.

In der Folge erst ließ die zu Tage tretende drückende Last der Fremdherrschaft im Volke die volle Erkenntnis der ganzen Schmach und des nationalen Unheils reifen, das die Auflösung der Armee über das Land gebracht hatte. Vorerst waren aller Augen auf England gerichtet, von dem einzig noch Hilfe zu erwarten war.