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König Georg III.

Als England für einen neuen Krieg mit Frankreich zu rüsten begann - als Ausgangspunkt können wir die Anrede Königs Georg III. vom 8. März 1803 an das Parlament betrachten - da war die bedrohte Lage des Kurfürstentums sofort in Erwägung gezogen worden. Der König selbst hegte persönlich das größte Interesse für die Erhaltung seiner Erblande und das Schicksal der Armee. Es trat aber alsbald zutage, daß er hierin in einem gewissen Gegensatz zu den Anschauungen seiner leitenden Minister stand. Bei der mehr repräsentativen Stellung des englischen Königtums war der Monarch in seinen Entschlüssen nicht frei und außerstande, eine wenn auch noch so bescheidene Hauspolitik zu treiben.

Der gesunde, freilich für andere nicht immer sympathische, nationale Egoismus, der Englands Politik bis auf den heutigen Tag ausgezeichnet hat, verbot eine Verquickung der kurhannoverschen Frage mit der großbritannischen. "Das Schicksal von Hannover," erklärte Lord Hawkesbury dem preußischen Gesandten Baron Jacobi, "könne keinen Einfluß auf die Entschließungen der Krone England haben. Er lege gar keinen Wert auf die Verbindung Englands mit dem Kurfürstentume, wenigstens könne die englische Nation um des Kurfürstentums willen unmöglich ihre Pläne aufgeben, oder ihre Grundsätze ändern."

Dieser Ansicht wird man vom politischen Standpunkt durchaus beipflichten müssen. Sentimentale Rücksichten auf das ohnehin nicht völlig zu sichernde Hannover durften Englands Politik nicht beirren, wo es sich um den Kampf gegen einen so grausamen Gegner wie Napoleon, wo es sich um Sein oder Nichtsein handelte.

Andererseits bildete die hannoversche Armee ein Wertobjekt, daß man sich gern erhalten hätte. Ungezählte Summen hat das Inselreich in jenen Zeitläuften für Ermietung von Truppen ausgegeben, jahrelang hat es ganze Heere anderer Staaten auf eigene Verpflegung übernommen, hätte ihm da nicht auch die Erhaltung von 15.000 wohlausgebildeten Soldaten von anerkannt kriegerischer Gesinnung unter tüchtigen Offizieren am Herzen liegen sollen?

Der König von England ließ schon Ende März 1803 seinem Sohne, dem Herzog von Cambridge (Adolf Friedrich, Herzog von Cambridge, geboren am 24. Februar 1774 zu London, gestorben dortselbst am 8. Juli 1850, der spätere Vizekönig von Hannover), der als Generalleutnant in der hannoverschen Armee diente, aussprechen, am solle sich im Falle der Not zunächst um preußische Hilfe bemühen. Bliebe das erfolglos, so wären die Truppen nach Stade abzuführen. Von hier könnten sie bei Unmöglichkeit eines ausreichenden Widerstandes nach England eingeschifft werden.

Ein Brief des Königs an seinen Sohn vom 29. April (Empfang 4. Mai) betonte, gleichfalls unter Umgehung des Kabinettsministers v. Lenthe, daß alles getan werden möge, was zur Verteidigung des Landes geschehen könne; der Krieg sei unvermeidlich.

Die englische Kriegserklärung vom 18. Mai wurde in Hannover in der Nacht vom 25. zum 26. Mai bekannt. Man hatte englischerseits den Termin der Kriegserklärung nach eigenem Ermessen gewählte; eine vorherige Befragung des Herrn v. Lenthe war - entsprechend der streng durchgeführten Geschäftsabgrenzung zwischen großbritannischen und hannoverschen Behörden - nicht erfolgt. Indes hatte sich das Ministerium bereit gefunden, die Ausrüstung einer Transportflotte anzuordnen und die spätere Übernahme der hannoverschen Armee in britischen Sold zu genehmigen. Dieser Plan wurde aus guten Gründen streng geheim gehalten, nur Wallmoden und der Herzog von Cambridge wußten darum.

Die Schiffe lagen segelfertig bereit und hatten Auftrag, am 13. oder 14. Juni nach Norddeutschland abzufahren, als ein Schreiben Talleyrands in London einging, in dem der erste Konsul die Genehmigung des Suhlinger Vertrages von der Zustimmung des Königs von England abhängig machte. Wenn Georg III. nun auch in Hawkesburys Antwortschreiben vom 15. Juni betonen ließ, daß er seine Eigenschaften als Kurfürst von Hannover und als König von Großbritannien und Irland streng trennen müsse und dementsprechend sich als Kurfürst von Hannover als im Friedenszustand Frankreich gegenüber betrachte, er werde aber an das Deutsche Reich appellieren und sich gewissenhaft jeder Handlung gegen die Bestimmungen der Konvention von Suhlingen enthalten, so konnte der erste Konsul daraus eine bedingte Weigerung der formellen Anerkennung des Vertrages entnehmen, woran ihm sehr gelegen war. Er handelte jedenfalls demgemäß und ließ Mortier gegen die Elbe vorrücken. Der Befehl zum Absegeln der englischen Transportschiffe wurde aber in London loyaler Weise zurückgenommen.

Als die weiteren Vorgänge an der Elbe in England bekannt wurden, tauchte aufs neue der Plan auf, die hannoversche Armee zu Schiff zu überführen. Der Sekretär Möller des hannoverschen diplomatischen Korps in London hatte die Königliche Ordre an die Admiralität und eine vom König unterzeichnete Proklamation an die Truppen am 10. Juli bereits in Händen, als die in London eingehenden Nachrichten von dem Abschluß der Elbkonvention diesem Plane dauernd ein Ende machten.

Die patriotische Tätigkeit des Herrn Möller sollte aber dennoch von Bedeutung werden. Er begleitete die zur Überführung von Gegenständen des kurfürstlichen Eigentums (z.B. des bei Zeiten nach Mecklenburg geretteten Marstalls) bestimmten Schiffe am 19. Juli nach Mecklenburg, fand dort viele Offiziere und Soldaten der aufgelösten Armee und verbreitete überall die freudige Kunde von der Königlichen Proklamation. Ferner teilte er mit, daß seitens der englischen Admiralität befohlen worden sei, alle britischen Schiffe längs der deutschen Küste sollten hannoversche Armee-Angehörige auf ihren Wunsch an Bord aufnehmen und nach England bringen. Oberstleutnant v.d. Decken, der Adjutant des Herzogs von Cambridge, würde in London für das Weitere sorgen.

Mit dem größten Eifer wurden diese Nachrichten weiter verbreitet. Viele Offiziere der aufgelösten Armee verblieben zunächst noch im Lande, um in diesem Sinne zu wirken.