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Der Graf Carl August v. Alten wurde am 20. October 1764 geboren und war der Sohn des Oberhauptmanns v. Alten in Burgwedel. Im 12. Jahre wurde er Page, im 18. Jahre, also 1781, Fähnrich in der Fußgarde und avancirte 1785 zum Lieutenant. In dieser Zeit trat er in nähere Berührung zu dem berühmten Scharnhorst, dem General Stolte, nachher in badischen Diensten und mit dem nachmals als Parteigänger in österreichischen Diensten bekannten v. Scheiter. In solchen Umgebungen studirte er die verschiedenen Zweige der Kriegswissenschaften und namentlich die Lehre vom kleinen Kriege. Zu seinem Glücke, wenngleich unmittelbar zu seinem großen Leidwesen, wurde er durch Umstände abgehalten, an einer Absendung von Truppen freiwillig Theil zu nehmen, welche 1788 als Verstärkung der hannoverschen Bataillone nach Ostindien ging.

Im Jahre 1790 wurde v. Alten zum Oberadjutanten des commandirenden Generals, Feldmarschall v. Reden, ernannt und dadurch außer der Anciennität zum Capitain befördert. Im Jahre 1791 fand bei Lüneburg eine Zusammenziehung von größeren Truppen-Abtheilunen unter dem Commando des Prinzen Ernst v. Mecklenburg-Strelitz statt; Capitain v. Alten that bei dem Corps, welches aus 12 Bataillonen Infanterie, 2 Reg. Cavallerie und 2 Batterien bestand, den Dienst als Oberadjutant der Infanterie.

Als im Jahre 1793 die hannoversche Armee an dem Revolutionskriege Theil nahm, begleitete der Capitain v. Alten den commandirenden General Feldmarschall v. Freytag, welcher dem Feldmarschall v. Reden im Commando gefolgt war, als Oberadjutant. Die erste Gelegenheit, sich als brauchbarer und tapferer Officier zu zeigen, wurde ihm in der Schlacht von Famars am 23. Mai zu Theil. Bei der Belagerung von Valenciennes that er den Dienst als Tranchee-Major und zeichnete sich durch Umsicht und Thätigkeit besonders aus. Vor allem aber wird, wegen der Seltenheit der Ausführung, eine von ihm glücklich unternommene Recognoscirung merkwürdig bleiben. Es kam darauf an, über die Lage und Stärke einer von den Franzosen aufgeworfenen Redoute Nachrichten zu bekommen. Die Einsicht in dieses Werk war jedoch nur möglich, indem man im Rücken der feindlichen Vorposten ein Haus zu erreichen suchte, zu welchem man nur dicht vor der feindlichen Schildwache vorbei gelangen konnte, indem man die Chaussee überschritt, welche von dieser beobachtet wurde. Die Vorposten der verbündeten Armee waren auf diesem Flügel durch Croaten besetzt; v. Alten erhielt zwei derselben, welche die Gegend kannten, als Begleiter. Um weniger bemerkbar zu sein, zog v. Alten dieselbe Uniform an und schlich mit ihnen, hinter einer Hecke verborgen, bis dicht an die Chaussee. Ein Croat passirte, als der französische Posten beim Auf- und Niedergehen ihm den Rücken zeigte, vorsichtig und glücklich die Chaussee. Auf ähnliche Weise kam Capitain v. Alten und der zweite Croat glücklich durch bis zu dem erwähnten Hause, beobachtete aus einem Fenster desselben die feindliche Redoute, zeichnete die erforderlichen Notizen auf und zog sich auf dieselbe Weise wieder zurück. In der Nacht vom 6. auf den 7. September schloß sich der Capitain v. Alten, der von einer Entsendung eben zurückgekehrt war, dem Angriffe auf Rexpoede an, welcher unter Befehl des Generals v.d. Bussche durch das 2. leichte Grenadier-Bataillon auf das Glänzendste mit dem Bajonnet ausgeführt wurde, wodurch der verwundete Feldmarschall Freytag aus der Gefangenschaft befreit ward. Nachdem der General v. Wallmoden für den verwundeten Feldmarschall v. Freytag das Commando der Hannoveraner übernommen, blieb Capitain v. Alten als Oberadjutant bei demselben und war in der Schlacht von Hondschoote am 8. September sehr thätig. Der Capitain v. Alten verließ bald darauf den General v. Wallmoden, da er eine Compagnie im 1. leichten Grenadier-Bataillon erhielt, welches unter dem österreichischen Obersten v. Utz mit zum Vorpostendienst zwischen Poperingen und Werwik verwendet war. Dem Capitain v. Alten mit seiner Compagnie wurde einer der wichtigsten Posten auf der Hauptstraße hinter der Lys anvertraut und ihm Detachements v. Blankenstein-Husaren und vom O’Donnell’schen Freicorps zur Verstärkung beigegeben. Der Feind hatte seine Vorposten am gegenseitigen Ufer dieses schwachen Flusses. Ein Angriff des Feindes ward, trotz der Uebermacht desselben, glücklich abgewiesen, da der Angriff nicht unerwartet kam. Das Detachement vom O’Donnell’schen Freicorps ward jedoch, trotzdem der commandirende Officier vom Capitain v. Alten wiederholt gewarnt war, seine linke Flanke besser zu decken, vom Feinde überfallen und gefangen genommen.

An der glänzenden Waffenthat des 1. leichten Grenadier-Bataillons am 30. November 1793 bei Bousbeck, unter Befehl des Capitains v. Hugo, nahm v. Alten nicht Theil, da er durch Krankheit genöthigt war, für eine kurze Zeit das Bataillon zu verlassen, was er stets sehr bedauert hat. Nach seiner Wiederherstellung übernahm v. Alten das Commando des Bataillons, welches nach der Stadt Thielt in die Winterquartiere verlegt war. Im Frühjahr 1794 übernahm Major v. Lixfeld das Commando des Bataillons; v. Alten trat zu seiner Compagnie zurück und übernahm den Befehl der Vorposten bei Zandvorden unweit Menin.

Der Feind, 20,000 Mann stark, rückte unter Moreau am 26. April vor, um Menin einzuschließen, die Vorposten wurden fechtend zurückgedrängt und mußten sich dahin zurückziehen.

In Menin commandirte der General v. Hammerstein. Die Garnison bestand aus dem 1. leichten Grenadier-Bataillon, 2 Bataillonen des 14. Infanterie-Regiments, 1 Bataillon des Royal Emigres, 28 Feldgeschütze und 60 Cavalleristen vom 1. und 9. Regiment. Capitain v. Alten erhielt den Befehl in dem Ravelin vor dem Thore nach Ipern und hatte zur Vertheidigung dieses Postens seine Compagnie, einige Mannschaften der Royal Emigres und 2 leichte Geschütze. Menin selbst, dessen Werke früher geschleift worden, konnte im Grunde nur als offener Ort betrachtet werden; die Befestigungen waren nur in größter Eile und höchst unvollständig hergestellt, und so war auch dieses Ravelin leicht zugänglich und dem Feuer sehr ausgesetzt. Um den Letzteren aus den nahe gelegenen Häusern der Vorstadt zu vertreiben, von wo ab den Vertheidigern dieses Ravelins bedeutender Abbruch geschah, ließ Capitain v. Alten einen Theil seiner Compagnie, unter Fähnrich von Anderten, einen Ausfall machen, solche in Brand stecken und sicherte gleich während der Nacht durch einen breiten tiefen Graben mit einer Brustwehr den Eingang des Ravelins. Drei Tage und vier Nächte vertheidigte sich die kleine Besatzung mit Erfolg gegen die stets sich verdoppelnden Anstrengungen der Belagerer. Ein großer Theil der Stadt war in Flammen aufgegangen, sämmtliche Munition entweder verschossen oder durch feindliche Bomben in die Luft gesprengt, die Lebensmittel aufgezehrt, die Mannschaft der Erschöpfung nahe und dazu an keinen Entsatz zu denken.

von Alten als Capitain
im 14. Infanterie-
Regiment bei Menin

Der General v. Hammerstein faßte bei dieser entsetzlichen Lage den kühnen Entschluß, sich mit der Garnison durchzuschlagen. In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai wurde diese kühne Waffenthat ausgeführt. Die detaillirte Ausführung dieser glänzenden That ist in einem eigenen Artikel behandelt, nur der persönliche Antheil, den Capitain v. Alten an dem blutigen Kampfe nahm, soll hier noch kurz erwähnt werden.

Der Angriff auf den Feind in der Vorstadt Brügge war durch Mißverständnisse nicht der Disposition gemäß, ausgeführt und ein gefahrvoller Stillstand in der Operation entstanden. In diesem kritischen Moment wurden die 3 noch zurückgebliebenen Compagnien des 1. leichten Grenadier-Bataillons (die Compagnie des Capitains v. Hugo war vorn bei der Avantgarde) mit großer Mühe und Anstrengung vorgezogen, formirten sich so rasch sie konnten und warfen entschlossen und mit gutem Erfolge den Feind mit dem Bajonnet über den Haufen. Die Compagnie des Capitains v. Wurmb attaquirte in Front, der Capitain v. Alten warf sich mit der seinigen dem Andrange des Feindes in der linken Flanke entgegen und nachdem sich die Compagnie des Lieutenants v. Linsingen ihnen angeschlossen hatte, wurde von ihnen vereint die Vorstadt Brügge glücklich wieder genommen und zwei feindliche Geschütze erobert.

In Rousselaere vereinigte sich das Corps wieder, wobei jedoch Capitain v. Alten mit seiner Compagnie eine Stunde vor dem Orte zurückbleiben mußte, um das Corps gegen einen Ueberfall zu sichern.

Am 13. Juli 1794 hatte v. Alten wiederum Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Mit seiner Grenadier-Compagnie erstürmte er das Dorf Ghits, welches durch ein Verhau gesperrt war. Beim später angetretenen Rückzuge übernahm v. Alten in Abwesenheit des Commandeurs, den Befehl des Bataillons und hatte den Rückzug zu decken. Er selbst für seine Person blieb indessen zur Beobachtung des Feindes noch kurze Zeit zurück. Der Lieutenant v. Reden und ein Grenadier schlossen sich ihm freiwillig an. Bald darauf waren sie unerwartet von fünf feindlichen Husaren umringt, und hatten es wohl nur ihrer Kaltblütigkeit zu verdanken, daß sie nicht von ihnen niedergehauen wurden. Da die Grenadier-Officiere damals mit leichten Gewehren bewaffnet waren, so standen ihnen 3 Feuergewehre zu Gebote; Rücken an Rücken gestellt, das Gewehr an der Backe erwarteten sie die wiederholten Anfälle der Husaren, welche ein Feuer aus zu großer Nähe fürchtend, in einiger Entfernung Kehrt machten. So gelang es ihnen, immer retirirend und ohne einen Schuß zu thun, das Bataillon wieder zu erreichen.

Capitain v. Alten ward am 17. September durch den Herzog von York mit Briefen und einem ausgewechselten feindlichen Commissair ins französische Hauptquartier als Parlamentair gesandt und war genöthigt, während der Nacht im Quartier des Generals Bonneau zu bleiben, dessen Umgebung jedoch am andern Morgen die Dienstpferde seiner Escorte zurückzuhalten versuchte. Nur durch v. Alten’s energisches Auftreten erhielt die Escorte die Pferde wieder.

Am 27. October verlor v. Alten bei Besichtigung der Vorposten, die er commandirte, sein Pferd durch einen Kartätschenschuß. —

Die Armee ward im Frühjahr 1795 ins Oldenburgische verlegt, wo die Truppen zur Deckung von Norddeutschland einen Cordon bezogen. Capitain v. Alten, welcher nach dem Abgange des Majors v. Lixfeld das Interims-Commando des Bataillons bekommen hatte, erhielt sein Quartier in Etzhorn bei Oldenburg. Hier benutzte er die Muße, das Bataillon noch systematischer auszubilden. Ende des Jahres ward er zum Major in der Garde ernannt, wobei er bis zur unglücklichen Katastrophe von Lauenburg blieb. 1800 erlitt er in folge der überstandenen Anstrengungen an einem heftigen Gichtanfall, welcher ihn zwang, beinah 2 Jahre lang das Zimmer zu hüten. Aus Ueberdruß dieser Dienstunfähigkeit wollte er das Militair verlassen und war im Begriff seinen Abschied zu nehmen. Feldmarschall v. Wallmoden übersandte ihm statt des Abschiedes, das Patent als Titular-Oberstlieutenant. Nach Auflösung der hannoverschen Armee war v. Alten einer der Ersten, welche Deutschland verließen, um für ihr Vaterland und ihren König gegen den Feind zu fechten. Viele ausgezeichnete Officiere und Leute folgten demselben aus persönlicher Anhänglichkeit, durch sein Beispiel ermuntert.