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Es war ein günstiger Umstand, daß von den angeworbenen Truppen bei der im Juli 1781 begonnenen Formirung in Hameln die Quartiere und auch einige zurückgebliebene Ausrüstungsbestände etc. des 3. Regiments, welches 1775 die Festung verlassen hatte und noch in Gibraltar stand, benutzt werden konnten. Der Chef des in der Stadt verbliebenen 7. Infanterie-Regiments, General-Major von dem Busche, war 1780 zum Inspecteur der gesammten Infanterie ernannt du somit besonders geeignet, die Organisation der Truppen, die Musterung und die Uebergabe derselben an die Commission englisch-ostindischer Officiere zu überwachen. —

Königlichem Befehl zu Folge sollten nicht, wie zuerst bestimmt, zwei Bataillone als Regiment formirt, sondern zwei Regimenter ohne Bataillons-Eintheilung gebildet werden. Es war dies, da die Zahl der Compagnien und deren Stärke dieselben blieben, nur eine Namensänderung, die der Eintheilung der damals aus 14 Regimentern bestehenden k. braunschweig-lüneburgischen Infanterie besser entsprach. Man hatte diese große Anzahl Regimenter nach dem 7jährigen Kriege im Frieden beibehalten, aber starke Reduktionen eintreten lassen. Deshalb war die Eintheilung in Bataillone aufgegeben und aus 14 Compagnien wurden 12 gebildet.

Um die damaligen Verhältnisse zu charakterisiren sei erwähnt, daß von den nach dem Kriege entlassenen Gemeinen jeder, der nicht als Invalid pensionirt ward, nur eine 10tägige Löhnung und 18 Mariengroschen Gebühren für jedes gediente Jahr, jedoch überher 2 Reichsthaler als Geschenk erhielt. Hiermit verglichen waren die von der ostindischen Compagnie gebotenen Vortheile sehr groß; auf alle Fälle war für die Zukunft der Freiwilligen einigermaßen gesorgt, und viele alte Soldaten, die als Corporale oder mit der Aussicht auf baldiges Avancement zum Unterofficier eintraten, waren von großen Hoffnungen erfüllt, für deren Verwirklichung sich in Indien mehr Chancen als auf irgend einem andern Kriegsschauplatze boten, so daß nicht Wenige ihr Glück machen und viele beträchtliche Summen zu Haus schicken konnten. — v.d. Knesebeck giebt an, daß allein vermittels Wechsel auf England 100 000 Pfund Sterling nach Hannover gesandt sind: wenn auch davon ein großer Theil von höheren Officieren übermittelt ward, so schließt die Summe doch ohne Frage Ersparnisse aller Chargen ein. Aber die Verluste, namentlich durch Krankheit, waren auch weit größer, als sie auf europäischem Boden zu sein pflegen; das Glück Einzelner sollte mit dem Leben Vieler theuer erkauft werden.

Die neuen Regimenter erhielten die Bezeichnung 15. und 16. Regiment.

Den Bestimmungen der Convention gemäß trat das Officier- und Unterofficier-Corps des 15. Regiments schon am 1. Juli zusammen und wurden diesem Regiment zunächst alle geworbenen Mannschaften überwiesen. Zum Commandeur desselben ward Obristlieutenant Reinbold vom 12. Infanterie-Regiment ernannt, der 1782 zum Obrist avancirte. Major von Wangenheim vom 9. leichten Dragoner-Regiment "Königin" erhielt unter Beförderung zum Obristlieutenant das Commando des 16. Infanterie-Regiments.

Der Stab eines jeden der beiden Regimenter bestand aus: 1 Oberstlieutenant, 1 Major, 1 Capitain-Lieutenant, 1 Adjudant-Major, 1 Adjudanten, 1 Auditeur, 1 Feldprediger, 1 Regiments-Chirurgus, 2 Cadets, 5 Compagnie-Chirurgi, 1 Regimentstambour, 4 Hautboisten, 1 Büchsenschmidt und 1 Provoß = 22 Köpfe.

Jede der 10 Compagnien hatte: 1 Capitain, 2 Lieutenants, 1 Fähnrich (mit Officier-Rang), 3 Sergeanten, 4 Corporals, 1 Fourier, 2 Tambours, 12 Gefreite und 74 Gemeine = 100 Köpfe. — Zum Dienst der Artillerie kamen hinzu: 1 Sergeant, 2 Corporals, 12 Kanoniers. Total eines Regiments 1037 Mann.

Für Erstattung und Erneuerung der Mondirung wurden allgemeine Gagenabzüge gemacht, welche in die Regimentskasse flossen; sie rechnete mit der Kriegskasse, von welcher die Lieferungen alljährlich erfolgten, ab. Diese Einrichtung entsprach den 1765 für die kurhannoverschen Truppen erlassenen Vorschriften, welche der früheren Willkür der Regimentschefs durch eingehende Bestimmungen bezüglich aller Wirthschaftsverhältnisse, besonders über die Uniformirung, ein Ende machte.

Musketier vom
15. und 16.
(später 14. und 15.)
Infanterie-Regiment

Danach war auch die Bekleidung der neu errichteten Regimenter, und zwar wie folgt, geregelt. Die große Mondirung bestand aus rothen Tuchröcken mit weißem Unterfutter, dunkelgrünen Rabatten und Aufschlägen, weißen Schnüren bezw. Silberbesatz, weißen Westen, silbernen Knöpfen mit der Regimentsnummer, schwarzen Hüten mit umlaufender Schnur und 2 Quasten. Zur kleinen Mondirung gehörten die weißen Lederhosen, das Unterzeug, die weißen Gamaschen, das Haarband, die Halsbinde und auch der Tornister, ferner Schuh und Strümpfe. Jeder Soldat wie auch die Grenadier-Unterofficiere und -Corporale waren mit Flinte, Bajonnet und Säbel, die übrigen Unterofficiere und Corporale mit einem kurzen Gewehr und Säbel bewaffnet. Das breite Lederzeug, das Säbelkoppel und der Patronentaschenriemen wurden über der Brust gekreuzt getragen und waren gelb, die Patrontaschen schwarz. Die Gewehre waren vorschriftsgemäß in der "Kurfürstl. Gewehr-Fabrique zum Hertzberge" nach einerlei Kaliber und Modell gearbeitet; sie hatten Steinschlösser und eiserne Ladestöcke. An Stelle der ledernen Hosen traten in Indien leinene und tuchene, welche 1785, ebenso wie die Uniform nach englischen Modells, auch in Hannover eingeführt wurden. Die Zöpfe waren in der kurfürstlichen Armee 1727 eingeführt. Die Officiere trugen gelbseidene Schärpen, Degen mit silbernem Gefäß und Stahlscheiden, bis 1785 nur ein rothes mit Silber gesticktes Epaulett, später zwei von Silber.

Um die Truppen so bald wie möglich nach Indien, wo man sie dringend gebrauchte, absenden zu können, ward befohlen, daß die Ausbildung in beschleunigter Weise und mit Rücksicht auf sofortige kriegerische Verwendung vorgenommen werden solle. Aehnlich wie 1870, wo die Ersatz-Rekruten nach kurzer Ausbildung ins Feld nachgesandt werden mußten, kam es auch 1781 vor Allem darauf an, die aus vielen Ländern eintreffenden Angeworbenen verschiedenster Art an militärischen Gehorsam zu gewöhnen und sie hauptsächlich im Waffengebrauch zu üben, sowie taktisch einigermaßen zu discipliniren und marschfähig zu machen.

Zuerst ward den an zügelloses Leben gewöhnten Gesellen die Erhaltung der Mannszucht sehr schwer, doch für diese Elemente thaten die anfangs fast täglich stattfindenden scharfen Prügelexecutionen gute Dienste und bald kamen keine Subordinations-Vergehen mehr vor.

Bezüglich der Ausbildung machte sich die Erfahrung geltend, daß der Diensteifer sich, wenn Aussicht ist, ins Feld zu ziehen, zu verdoppeln pflegt. So war gegen Ende September, nach 2—3 Monaten, das 15. Regiment so weit einexercirt und mit allem Erforderlichen ausgerüstet, daß es seinen Marsch divisionsweise nach Stade, wo die Transportschiffe bereit lagen, antreten konnte. Gleich nach dem Abrücken des 15. begann die Errichtung des 16. Regiments ganz in derselben Weise und geschah die Equipirung und Ausbildung ebenso rasch; schon Anfang Januar 1782 marschirte es feldmäßig ausgerüstet mit Trommelschlag und Pfeifenklang aus dem Thore. Wohl mochten diese Töne, wie in vergangenen Tagen die Weisen des Rattenfängers, manchem Hamelschen Kinde verlockend klingen, aber sie waren seitdem gewarnt und gefeit und folgten nur unter guter Obhut bis ans Weichbild der Stadt.

Die englisch-ostindische Compagnie hatte, weil bisher jeder Mann bis zum Eintreffen in Indien die verhältnißmäßig sehr große Summe von 100 Pfund Sterling kostete, in krämerhafter Weise Ersparnisse an Transportschiffen zu machen gesucht, so daß der unbedingt erforderliche Raum zur Unterbringung des 15. Regiments fehlte, und die Leute geradezu aufeinanderliegend befördert werden mußten. Die See ging beim Auslaufen der Schiffe schon hoch, das Wetter ward bald stürmisch. In Folge dessen mußten die Schiffsluken geschlossen werden und in den unzulänglichen Räumen unter Deck ward die Luft so schlecht, daß bald typhöse Erkrankungen ausbrachen.

Nach gefahrvoller Fahrt erreichten unter Geleit der Fregatte La belle Poule, welche die Engländer vor Kurzem den Franzosen abgenommen hatten, nur drei der vier Transportschiffe Portsmouth; der Gesundheitszustand der Truppen war ein sehr trauriger, über die Hälfte derselben mußte ins Hospital aufgenommen werden, 97 starben theils schon auf der See, theils in den nächsten Wochen. Das vierte der Transportschiffe, die Polly, konnte die See nicht halten und kehrte nach mehrtägigem Herumtreiben nach Ritzebüttel zurück, wo der Capitain vor Anker ging und verblieb, da er fürchtete, ohne Escorte fahrend, von den Franzosen oder Holländern gekapert zu werden. Anfang December trat starke Kälte ein, so daß das Schiff festfror. Die Lage der Leute war auch hier bejammernswerth; — es fehlte an Decken, die Verpflegung war sehr schlecht; frierend, hungernd, theilweise krank, von tödtlicher Langeweile geplagt, klagten die Soldaten vergeblich und suchten endlich, über das feste Eis laufend, in Ritzebüttel Zuflucht. Von den Ausländern desertirten auf Anstiften eines früheren oesterreichischen Corporals viele; andere blieben ohne Urlaub auf dem Lande in der Nähe; die Disciplin lockerte sich. Jetzt erst wurde der Antrag genehmigt, das Schiff zu räumen, und befohlen, die Truppen in Otterndorf einzuquartieren, von wo sie bald nach Stade verlegt wurden. Die Rädelsführer und einige zwanzig der wieder eingebrachten Deserteure wurden kriegsrechtlich zu mehr oder minder harten Strafen verurtheilt. Hiernach kamen keine weiteren Ordnungswidrigkeiten vor.

Im März, nach mehrmonatlichem Aufenthalt in England, gingen die drei ersten Divisionen des 15. Regiments, etwa 500 Mann stark, nach Ostindien unter Segel. Viele Kranke mußten in Portsmouth zurückgelassen werden. Im Juni folgten von den Reconvalescenten unter Capitain von Plato auf dem Schiffe Brillant 7 Officiere und 176 Unterofficiere und Gemeine. Der Haupttheil des Regiments hatte im Allgemeinen eine gute Ueberfahrt, das erste Transportschiff kam am 11. September glücklich in Madras an, die anderen folgten bald.

Im Juni 1782 ward das ganze 16. Regiment und der Rest des 15. von Stade nach England embarquirt; letzterem schlossen sich dort die noch zurückgebliebenen letzten Wiederhergestellten an. Die bittere Lehre durch die furchtbaren Verluste bei dem ersten Transporte hatte zu besseren Einrichtungen auf den Schiffen geführt und war dem zu Folge der Gesundheitszustand ein guter geblieben.

Von einem traurigen Geschick ward die Abtheilung verfolgt, welche schon so sehr durch Krankheit gelitten hatte. Das Schiff Brillant scheiterte bei St. Juana, einer der comorischen Inseln; zwar wurde fast die gesammte Mannschaft gerettet, und von dem eingeborenen Sultan freundlich aufgenommen, aber die kaum überstandenen Leiden und Entbehrungen aller Art und der Einfluß des ungewohnten heißen Klimas führten zu neuen schweren Erkrankungen, welchen Viele erlagen, unter ihnen der Capitain von Plato und 2 Officiere. In einem kleinen schlechten Fahrzeuge schifften sich die Ueberlebenden endlich wieder nach Bombay ein. — Neues Unglück traf sie, das Schiff bekam ein Leck und wurde vom Sturm in den Meerbusen vom Cambay verschlagen. Gänzlicher Mangel an Trinkwasser trat ein, der Genuß des Seewassers und Ueberanstrengung verursachten abermals viele Todesfälle, so daß Anfang 1784 nach weiteren schwierigen Fahrten und Landmärschen nur noch 3 Officiere und 44 Unterofficiere am Leben waren, welche endlich zu dem an der Küste von Malabar stationirten Detachement des Majors Kruse stießen.

Der letzte Theil des 15. Regiments und das ganze 16. Regiment, welche im October 1782 von England abgesegelt waren, erreichten nach glücklicher Fahrt ohne nennenswerthe Verluste im April 1783 Madras. Aber im Hafen, während bereits die Truppen fast vollständig debarkirt waren, forderte das Meer noch sein Opfer; durch einen unglücklichen Zufall flog das Transportschiff Athol in die Luft. 1 Sergeant und 5 Mann ertranken, wie durch ein Wunder ward Lieutenant Suersen, der sich an Bord befand, gerettet.

Der Seekrieg mit Holland und Frankreich machte die Fahrt nach Ostindien, welche damals bei günstigem Winde 5 bis 6 Monate währte, doppelt gefährlich. Der tapfere Admiral Suffrein, einer der ersten Seehelden Frankreichs, ließ, im indischen Ocean kreuzend, keine Gelegenheit vorübergehen, den Engländern Abbruch zu thun.

Das Tagebuch eines Officiers vom 15. Regiment (vergl. v. Wissel) giebt über ein Seegefecht, welchem er beiwohnte, und die Vorkommnisse der Reise eingehend Auskunft. Nachstehend mögen einige seiner friedlichen und kriegerischen Erlebnisse meist wortgetreu hier Platz finden:

"Die Fahrt bis Brasilien in einem Geschwader unter Führung des Commodore Sir Backerton war glücklich gewesen. Den 3. Junius 1782 liefen wir, um unsere Reise weiter fortzusetzen, von Rio Janciro wieder aus. Den 10. des Abends hatten wir den ersten heftigen Squal, einen nicht lange anhaltenden aber öfter vorkommenden Sturm, der uns 5 Seiten Segel auf ein Mal wegnahm, uns aber durch die Vorkehrung unseres guten attenten Capitains weiter nicht schaden konnte. Mit diesem Vorfall nahmen zugleich die Zeiten, da wir wegen hoher und unruhiger See nicht wenig herumgeworfen wurden, ihren Anfang."

Den 20. Abends wurde die Flotte durch heftige Squals völlig zerstreut. Das nun ganz vereinzelte Transportschiff ward gerade gegen die Felsinsel Tristan de Cunha getrieben, deren Gipfel mit Schnee bedeckt waren und die riesige Albatrosse umkreisten; das Eiland ward glücklich umschifft. Um nicht gekapert zu werden, nahm der Capitain einen mehr südlichen Cours als sonst nöthig. Die kalte Luft des Eismeers machte sich bei unruhigem Wetter doppelt empfindlich geltend. Den 2. Juli legte das Schiff bei steifem Nordwind in 24 Stunden 195 englische Meilen zurück; den 5. verlor es in folge anhaltender Squals das große Raasegel.

Den 15. ward das Vorgebirge der guten Hoffnung passirt. "Wir sahen nahe am Schiff einen Walfisch, den Theil vom Rücken, so davon aus dem Wasser, war außerordentlich groß und mit Muscheln und Schnecken von allerlei Farben reichlich versehen; auch sahen wir mit Vergnügen den Eifer eines Matrosen, welchem ein großer Hayfisch sein Lieblingsgericht, nämlich ein Stück gesalzen Beef, so er an einem Strick im Wasser hatte, wegschnappte, und ihn auch gleich nachher an einer großen Angel fing; — er schnitt ihn mit der größten Hitze auf, nahm ihm das Stück Fleisch wieder aus dem Magen und schickte es mit vielem Vergnügen in seinen eigenen. Am Ende Julius hatten wir eine Hochzeit, so ganz feyerlich celebriret wurde, da ein Soldat vom Regiment seines verstorbenen Kameraden Wittwe wieder heyrathete. Denen Engländern war dieses sehr remarcable, weil sie nicht glaubten, daß je eine solche Fete im Ocean gewesen."

Die Weiterfahrt war vom Wetter begünstigt. Den 12. August trat südöstlicher Passatwind ein. "Den 14. passirten wir den tropicus-capricorni (südl. Wendekreis) und hatten Gelegenheit ganz wackere Vögel zu bewundern, die von einer blendenden Weiße, lang und schmal waren, auf ihrem Fluge viel Addreß zeigten; die Engländer nennen sie tropic birds, zugleich sahen wir andere häßlichere, so sie brobies nennen, die nur wegen ihrer Dummheit verdienen bemerkt zu werden, weil sie sich auf das Schiff setzten und ohne alles weitere Einwenden greifen ließen."

Mit vortrefflichem und kühlendem Winde ward den 27. Morgens die Linie passirt. "Wir bemerkten Heerden Fische, so hoch aus dem Wasser sprangen, sich in der Luft umkehrten und sich wieder in ihr Element warfen, und fingen einen großen Delphin von glänzend gelber Farbe, der gar sehr wohlschmeckend war.

Den 29. kamen wir in die Bay von Bengalen; den 1. Sept. sahen wir des Morgens die Gebürge von der Küste Ceylon auf etwa 30 engl. Meilen, nachdem wir uns bereits zwei Tage zuvor mit dem erfrischenden Land- und Erdgeruch, so uns von daher zuwehete, erquickt hatten. Der Wind war gering, die Hitze um so stärker.

Den 2. früh entdeckten wir ferne Schiffe und schickten uns sofort zu einem Seegefecht an, worauf wir uns nach einer dazu entworfenen Disposition seit Monathen geübt; der Capitain gab jedesmal das Pulver dazu her, wodurch unsere Jugend etwas kriegerisch und mit dem Feuer um so bekannter wurde. Wir hatten auch die feste Abrede genommen, wenn die Partie nur irgend egal, uns nicht allein bis aufs Aeußerste zu wehren, sondern sogar auch Priesen zu machen, wozu der Capitain durch die bei sich habenden lettres of marks berechtigt war. Nach und nach zählten wir 17 Segel, doch bald stellte sich durch Signale heraus, daß es eine englische Flotte unter dem Admiral Hughes war; unser Capitain ging an dessen Bord und erhielt Anweisung, vorläufig beim Geschwader zu bleiben, da eine französische Flotte in der Nähe sei. Wir segelten daher mit den Kriegsschiffen an der Ceylonschen Küste zurück, und entdeckten die französische Flotte an ihren Leuchten in der Nacht vor dem Hafen Crankamale.

Den 3. Sept. bei Tagesanbruch formirten wir unsere Linie drei Leagues der feindlichen gegenüber; unser Admiral würde wahrscheinlich angegriffen haben, wenn der Wind nicht entgegen gewesen wäre. Unser Schiff hatte die Ehre, mit in der zweiten Linie zu sein, wodurch der Admiral bezweckte, daß der Feind es für ein Kriegsschiff ansähe. Um 6 Uhr defilirte die feindliche Flotte rechts ab und wir mithin links, auf diese Art waren wir uns bald näher bald weiter zur Seite, bis das französische Admiralschiff halb 3 Uhr den ersten Schuß auf das unsere that, welches sofort antwortete und womit sich zugleich fünf andere Schiffe von beiden Seiten mehr engagirten und allmählig die ganze Linie ins Feuer kam, welches abwechselnd bald in der Mitte, bald am Flügel schwächer oder stärker war und so unaufhörlich bis nach 7 Uhr fortdauerte. Eine halbe Stunde vorher hatten wir die Freude, den Hauptmast vom Schiff des Admiral Suffrein fallen zu sehen, nachdem ihm vorher schon der Vormast und ein Theil des Hintermastes weggeschossen war. Der französische Admiral mußte sich zurückziehen, feuerte ungeachtet seiner delaborirten Umstände aber noch 6 Schuß.

Die zunächst befindlichen Schiffe eilten ihren Admiral zu retten und einige englische suchten es zu vereiteln, allein die Dunkelheit, so der Sache überhaupt ein Ende machte, verursachte zugleich, daß er zu unserem Mißvergnügen entkam. Ich habe von beiden Seiten und besonders von den beiden Admirals, die nebst vielen anderen Schiffen gar nicht aus dem Feuer gekommen, ungemein viel Braves gesehen. — Entscheidende und größere Vortheile würden sehr wahrscheinlich auf Seiten der Engländer gefallen sein, wenn es länger Tag geblieben wäre, da bereits einige französische Schiffe viel gelitten und ein Paar sich aus der Linie zurück gezogen hatten. Die Engländer schossen langsamer aber um so gewisser, die Franzosen äußerst geschwind, aber ihre Kugeln gingen theils weit überweg, theils zu kurz ins Wasser. Der Verlust der Engländer beträgt wenig, außer ein Paar, Capitain, so besonders bedauert werden; 4 ihrer Schiffe haben an den Topmasten gelitten.

Die französische Flotte, zwanzig Segel stark, zog sich weiter rechts und die unsrige nahm nach dem Gefecht den Weg zurück nach Crankamale, kehrte aber bald nachher um, folgte der französischen und legte die Nacht über bei.

Den 4. Mittags steuerten wir nach Madras, die französische Flotte ist in der Nacht vom 3. auf den 4. zurück nach Crankamale gegangen, welchen Hafen und Fort die englische Flotte mit einem Theil ostindischer Truppen im verwichenen Januar den Holländern mit Sturm abgenommen und besetzt hatte. Da wir am 3ten Crankamale passirten, sahen wir leider dort die französische Flagge wehen, es muß also vom Feinde wieder genommen sein. Die Engländer denken, wenn Sir Bickerton — von dessen Geschwader wir uns groß dünken, das erste eingetroffene Schiff zu sein — zu der hiesigen Flotte gestoßen sein wird, den so vortheilhaften Hafen wieder zu gewinnen. Bisher hatten die Franzosen sowohl in der Anzahl als auch in der Stärke der Schiffe die Superiorität, deshalb ist der Muth, mit welchem die Engländer sich in 4 Engagements ihnen entgegengestellt haben, gewiß um so mehr zu bewundern. Im Uebrigen, ob wir schon nebst den anderen Schiffen der zweiten Linie nicht engagirt gewesen, so wird es mir jederzeit eine große Satisfaction bleiben, dieses Seegefechte, da sie so selten für uns Teutsche sind, so nahe gesehen und mit beigewohnt zu haben.

Den 6. Abends überfiel uns ein starkes Gewitter und Sturm, wobei es fürchterlich dunkel wurde und der Regen in Güssen fiel, so stießen wir mit der Vorderspitze unseres Schiffes auf ein Kriegsschiff, das gerade vor uns war, brachen das Bugspriet, sowie die äußerlichen Theile vorn vom Schiff und beschädigten den Vormast. — Der gewaltigen Erschütterung nach glaubten wir und auch der Capitain, dem Sinken nahe zu sein. Unsere Nothschüsse beantwortete der Admiral, konnte uns aber wegen des anhaltenden Sturms nichts zu Hülfe schicken. Mittlerweile lauteten die Nachrichten von unten aus dem Schiffe gut, daß dasselbe kein Wasser zöge und unbeschädigt sei. Des anderen Tages schickte uns der Admiral Hülfe, und der Schaden wurde so weit geheilt, daß wir hoffen Madras ganz glücklich zu erreichen, und da es auch der Beruf des teutschen Soldaten nicht ist, in der See unterzugehen, so schwammen wir mit aller Zuversicht weiter fort.

Den 8. Mittags gab der Admiral das Signal, daß vom Mast Land zu sehen, worauf jedes Schiff die große Flagge aufsteckte. Es war die Küste von Coromandel, den 9. kamen wir auf ein Paar englische Meilen von Madras vor Anker, welches in Betracht unseres beschädigten Schiffes von uns mit so mehreren innigem Vergnügen erblickt wurde. Den 11. wurden wir debarquirt und zwar durch Hülfe der hiesigen leichten Landesböte mit hohen Borden, weil dies mit anderen Böten wegen der hohen brandenden Wellen nicht geschehen kann. Die Böte sind von schlechtem Holz und Dielen, mit Stricken zusammengebunden, die Fugen mit Heede verwahrt, die Ursache warum sie so klattricht und geflickt aussehen, ist wahrscheinlich die Armuth der Besitzer, indessen verunglücken sie nicht so öfters als man es sich natürlicherweise bei dieser so sehr einfachen Bauart vorstellen muß. — So ist dem hiermit unsere Reise von Hameln bis anhero zu Madras, worauf wir 11 Monathe und 5 Tage zugebracht und in welcher Zeit wir 17 000 englische Meilen zurückleget, glücklich vollendet. Wir sind hier sehr gut aufgenommen gewesen, genießen besonders von dem Gouverneur Lord Macartney viel Politesse und Güte, und sind in den Baraquen im Fort bequartieret, welches sehr groß, auch sehr wohl befestigt ist und alles in vortrefflichem Stande und guter Ordnung zu sein scheint."

So weit geht das Tagebuch des hannoverschen Officiers, der, wie es scheint, auf dem Schiff der Rangälteste, also wohl Hauptmann oder Stabsofficier war. — Die schlichte, sehr naive Darstellung kennzeichnet die Anschauung damaliger Zeit, und steht in auffallendem Contrast zu den oft überschwenglichen und manierirten Schilderungen, an die wir uns heutigen Tages gewöhnt haben.