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Die Brigade sehnte sich nach ihrem Vaterlande zurück; aber es verging noch über ein volles Jahr, ehe ihre heißen Wünsche in Erfüllung traten. Am 23. August 1784 endlich wurde sie eingeschifft, nachdem sie von dem Gouverneur auf die ehrenvollste und herzlichste Weise entlassen war, und langte am 28. September in der Weser bei Geestendorf an, wo sie die für Schiffe aus dem Mittelländischen Meere vorgeschriebene Quarantaine halten mußte. Am 16. October wurde sie debarkirt und am Lande von dem Generalmajor und Inspecteur der Infanterie von dem Bussche empfangen und gemustert, nachdem der englische Major Gunn sie gleichfalls Mann für Mann in Augenschein genommen hatte, und sie damit aus dem englischen Dienste entlassen war. Das gesunde kräftige Aussehen der Truppen erregte allgemeine Freude, überall zeigte sich die größte Theilnahme für sie bei ihren Landsleuten. Bei der Ankunft der drei Bataillone in ihren respectiven Garnisonen zu Nienburg, Verden und Hameln wurden sie von ihren Cameraden und Mitbürgern mit großen Ehrenbezeugungen empfangen, die sich durch erbaute Ehrenpforten, veranstaltete Feste und dgl. aussprachen. Der Prinz Wilhelm Heinrich, ihr alter Freund von Gibraltar her, der sich gerade im Lande befand, verherrlichte diese herzlichen Bewillkommnungsscenen durch seine Gegenwart.

Nachdem die hannoversche Brigade ihren Antheil mit erhalten hatte an den Dankbezeugungen des Königs und beider Häuser des Parlaments, welcher der Garnison von Gibraltar auf feierliche Weise eröffnet wurden und denen der General Elliot seine eigenen Dankbezeugungen hinzugefügt hatte, beschloß Georg III., seinen tapferen Truppen das Versprechen noch auf besondere Weise zu erfüllen, welches er bei einer früheren Gelegenheit der heldenmüthigen Garnison in den Worten eröffnet hatte, er wolle ihr tapferes Benehmen vom Höchsten bis zum Niedrigsten belohnen. Auf seinen Befehl mußte der Generaladjutant von Freytag den Gouverneur Elliot um Ausstellung eines Zeugnisses über das Verhalten der curfürstlichen Brigade ersuchen. Die Correspondenz der beiden General ist in dem Folgenden enthalten.

London, 16. April 1783.

Sir,

Obgleich Sie verschiedene Male geneigt haben, der hannoverschen Truppen unter Ihren Befehlen in so günstigen Ausdrücken zu erwähnen, daß sie deren Betragen zur Ehre gereichen müssen, so hat doch Se. Majestät, Dessen gnädigste Absicht es ist, ihr Verdienst und ihre Anstrengungen bei ihrer Rückkehr von Gibraltar durch ein besonderes Zeichen Seiner Königlichen Zufriedenheit zu belohnen, mich mit Seinen Befehlen beehrt, Sie zu ersuchen, daß Sie Ihm nach bester Ueberzeugung die Verdienste berichten wollen, welche diese Truppen sich unter Ihrem Commando erworben haben, und daß Sie zugleich im Falle einer vorzüglichen Auszeichnung ohne Rückhalt anführen wollen, welchem der drei Bataillone, oder welchem Officier insbesondere am Meisten Lob gebührt.

Da ich wahrscheinlich von England abwesend sein werde, wenn Ihre Antwort eintrifft, so erlauben Sie mit, Sir, die Bitte hinzuzufügen, den Bericht an den Baron Alvensleben zu adressiren, welcher ihn Seiner Majestät übergeben wird.

W. v. Freytag.

 

Gibraltar, 21. Juni 1783.

Sir,

Am 11. d. hatte ich die Ehre, Euer Excellenz Schreiben vom 16. April zu erhalten und ergreife diese Gelegenheit den Befehlen Seiner Majestät gehorchend, die eingeschlossene Erklärung zu übersenden.

G.A. Elliot.

 

Die Brigade Seiner Majestät hannoverscher Truppen, bestehend in einem Bataillon des Redenschen, einem des la Motteschen und einem des Sydowschen Regiments, hat verschiedene Jahre in dieser Garnison gedient und sich fortwährend höchst musterhaft betragen; seitdem aber die Festung vom Feinde eingeschlossen worden, sind an Geduld, Gehorsam, Disciplin, Wachsamkeit, Tapferkeit, Eifer, Kraft und Muth kaum jemals andere Truppen ihr gleichgekommen, nie jedoch, kann ich versichern, ist sie darin übertroffen worden. Die lange Dauer des Angriffes gab ihr beständig Gelegenheit, diese kriegerischen Tugenden zu Gunsten ihrer Freunde und zum Verderben ihrer Feinde an das Licht zu stellen; und um diese großen Thaten noch mehr auszuzeichnen, so waren sie begleitet von milder Gesittung und liebevoller Fürsorge, ihren Cameraden in der Noth beizustehen und zu helfen. Wenn ich mich des Ausdrucks "Cameraden" bediente, so ist die ganze Garnison darunter gemeint, da die größte Eintracht stets ohne die geringste Unterbrechung unter den Officieren und Soldaten geherrscht hat und noch herrscht.

Da jeder Einzelne so vorzüglich den ihm in seiner besonderen Stellung zukommenden Dienst bei jeder Gelegenheit verrichtet hat, so will ich es mir nicht erlauben, irgend Jemand hervorzuheben, indem Alle, nach meiner Meinung, auf gleichen Vorzug ein unumstößliches Recht haben, deswegen werden sie im völligen Besitze so vieler unbefleckter Ehre bleiben, als irgend andere Truppen auf der ganzen Erde. Ich kann nur hinzufügen, daß das ausgezeichnete Beispiel des Generalmajors de la Motte, ihres Anführers, und der verschiedenen unter ihm dienenden Officiere sehr viel zu diesem außerordentlichen Benehmen beigetragen haben muß.

G.A. Elliot,
Gouverneur

In Folge dieses ehrenvollen Zeugnisses wurden den betr. hannoverschen Bataillone verschiedenen Auszeichnungen zu Theil, und verordnete zu gleicher Zeit Se. Maj. der König, daß sämmtliche in Pension getretene, oder noch künftig dazu berechtigte Unterofficiere und Gemeine der Gibraltarschen Brigade eine Erhöhung der Pension erhalten sollen um 2/3 des gewöhnlichen Satzes.

Außerdem wurden Medaillen *) an sämmtliche Militairs, welche die Belagerung mitgemacht, ertheilt. Sie waren nicht bestimmt, an einem Bande getragen zu werden, indessen sah man nach der Wiederherstellung der rechtmäßigen Regierung der hannoverschen Lande noch manchen Veteranen, der die Medaille vor der Brust trug.

Vorderseite — Gibraltarmedaille — Rückseite

Die letzte Auszeichnung, welche den Gibraltanern zu Theil wurde, fand im Jahre 1787 statt, wo die Stadt London ein großes Oelgemälde anfertigen ließ, das eine der Scenen der denkwürdigen Belagerung verewigen sollte, und wozu sie einen Maler nach Deutschland herüberschickte, dem auf Königlichen Befehl vier Officiere der hannoverschen Brigade, als der Generallieutenant de la Motte, die Obersten von Dachenhausen, von Hugo und von Schlepegrell, sitzen mußten.

Die wenige Jahre darauf ausbrechende französische Revolution und die großen Weltbegebenheiten, welche durch sie veranlaßt wurden und bald auch das Curfürstentum Hannover mächtig ergriffen, drängten das Andenken an die merkwürdige Belagerung von Gibraltar in den Hintergrund; und uns, den Söhnen jener Tapferen, ist es nur noch aus den Ueberlieferungen bekannt, welche Entbehrungen die Hannoveraner dort ertragen, und mit welcher Hingebung und unerschütterlicher Tapferkeit sie ausgeharrt haben bis zum glorreichen Ende ihrer Anstrengungen und Leiden.
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*) Die eine Seite dieser Medaille enthält die Ansicht von Gibraltar, davor das Meer mit schwimmenden Batterien, so wie die Inschrift, "Per tot discrimina rerum." (Nach so viel Widerwärtigkeiten) und die Unterschrift XIII. Sept. MDCCLXXXII; die andere Seite trägt, von einem Lorbeerkranze umgeben, die Namen Reden, La Motte, Sydow, Elliot und die Umschrift Brüderschaft. [zurück]