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Der Verlust der alliirten Armee war an Todten, Verwundeten und Vermißten: 152 Officiere, 2672 Mann und 950 Pferde, wovon auf die Unseren 33 Officiere, 656 Mann und 439 Pferde kamen; die drei britischen Bataillone des 1. Treffens hatten 44 Officiere und 789 Mann, die des zweiten hatten 34 Officiere und 588 Mann verloren, unsere Garde und Hardenberg nur 5 Officiere und 253 Mann; das hessische Bataillon Grenadier 7 Officiere und 105 Mann; Leib-Regiment zu Roß 9 Officiere, 65 Mann, 127 Pferde; Hammerstein 8 Officiere, 71 Mann, 77 Pferde; Holstein Dragoner 3 Officiere, 64 Mann, 115 Pferde bei 5 Schwadronen. Die Briten hatten den doppelten Verlust, die Hessen nahezu den gleichen der Unseren, im Verhältniß der resp. Stärke.

Die Franzosen gaben ihren Verlust auf 6 Generale, 438 Officiere und 6642 Mann, einschließlich Gefangener an; dann verloren sie 22 Geschütze, ferner 10 Standarten, welche, besonders merkwürdig, durch alliirte Infanterie genommen wurden, also doch wohl zwei davon von den Briten, welche sich darüber ausschweigen; es hat aber auch keine Nation der Welt so wenig Neigung zur Ruhmredigkeit oder auch nur zum starken Auftragen wie sie; haben sie doch nicht einmal ein Denkmal auf dem Schlachtfelde von Waterloo. Es wurde noch ein Paar Pauken genommen, dann aber noch 7 Fahnen und zwar diese durch Cavallerie. Von den Geschützen wurden dem Regiment Holstein 9 Stück, dem hessischen Leib-Cavallerie-Regiment 1, Grenadier 5, Toll 1, den braunschweigischen Regimentern Behr 2 und Imhoff 1, und Wangenheim 1 Stück zuerkannt, und 2 Stück waren gefunden worden; für jedes der genommenen ward eine Gratification von 100 Thalern "stipulirt".

Von den Standarten hatte das Garde-Regiment 6 Stück, außerdem das Paar Pauken, 2 silberne Trompeten und über 100 goldene Uhren erbeutet; Hardenberg 2 Standarten, Schele 1, die zehnte wahrscheinlich die Briten, und wurden für jede 6 Louisd’ors bewilligt.

Die Officiere der Garde legten ihre Spontons ab und bewaffneten sich mit Degen der Gensdarmes; auch einige Tausend Paar Stiefel und 2528 Kanonenkugeln wurden aufgelesen.

Was nun den enormen Verlust der britischen sechs Bataillone anbetrifft, die Hälfte des Gesammtverlustes der Armee, so war selber also vornehmlich durch das Kanonenfeuer veranlaßt worden, trotzdem rückten sie immer wieder vorwärts und zeigten so recht ihren britischen Bulldoggenmuth; König Friedrich würde wohl mit Rothröcken keine Schlacht verloren haben. Daß 6 Bataillone in Linie 40 Schwadronen — 11, 11 und 18 — dabei 18 der auserlesensten, bei denen noch ein recht großer Theil der Mannschaften aus jungen Edelleuten bestand, über den Haufen warfen, war um so erstaunlicher bei der geringen Feuertechnik jener Zeit und zeigt, daß rücksichtsloses Daraufgehen auch ungeahnte Erfolge erzielen kann. Der Marschall Contades sagt in seinem Bericht: "Ich habe gesehen, was man noch niemals sah, eine einzige Linie Infanterie drei in Schlachtordnung rangirte Linien Cavallerie durchbrechen und über den Haufen werfen." Dann erzählt man noch, daß einer der Franzosen nachher gemeint habe, die Wüthendsten seien das Regiment Mangto gewesen, diesen Ausruf für den Namen des Regiments haltend, welchen als Schlachtruf zu gebrauchen damals bei den Franzosen noch Sitte war, während ein Anderer erzählt haben soll, die Bougres — Schufte — hätten, weil sie keine Mäntel gehabt, gern die der Franzosen haben wollen und sich daher immer zugerufen: Manteau! Manteau! Dieser berühmte Angriff, ein Seitenstück desjenigen von Fontenoy, steht als eines der hervorragendsten Beispiele der Kriegsgeschichte da, das Gegenstück von Hohenfriedberg übertreffend.

Beim Beziehen des Lagers traf die Nachricht ein, daß der Erbprinz den ihm gegenüberstehenden, viel schwächeren Herzog von Brissac geschlagen hätte, welcher bei Gohfeld oder Auf dem Wittel, fast 2 Meilen östlich Bünde, ihm den Übergang über die Werre hatte verweigern wollen. Indessen gelang es dem Herzog, sich nach Rehme zurückzuziehen, und, hier wie bei den Salinen die Brücken verbrennend, unter dem Schutze einer kleinen Abtheilung das Gepäck der Hauptarmee nach Lemgo bringen zu lassen, denn der Erbprinz hatte noch keine Nachricht vom Ausgange der Schlacht und verhielt sich zunächst abwartend.

Das Corps Broglio ging zum Theil durch die Stadt auf das andere Ufer, während ein Theil die Außengärten besetzte, um den Abzug des Marschalls Decken zu helfen, dann dem andern Theile nachfolgte, während nur 300 Mann in der Festung blieben und die Thore besetzten. Das Hauptcorps ging ungefähr auf seinen früheren Lagerplatz zurück, beschossen von der am Rande des Moores aufgestellten britischen Artillerie. General von Wangenheim ging in sein stehengelassenes Lager zurück, die Hauptarmee bivouakirte etwa da wo sie stand; am andern Tage rückte das Corps Wangenheim näher an die Stadt, und das Hauptcorps lagerte quer über das Plateau von Hahlen bis Friedewald. Das Hauptquartier des Herzogs war noch am Ersten nach Südhannover verlegt, woselbst der Graf Lützelburg Abends beim Herzog speiste. Noch am Nachmittage nach der Schlacht und an den folgenden Tagen trafen große Mengen von Deserteuren ein.

Am 2. ergab sich die kleine Besatzung. Am Morgen fand im Lager der Alliirten ein Tedeum statt, und stattete der Herzog in einem Tagesbefehl der Armee seinen Dank ab. Abends wurde Victoria! geschossen, wobei die französischen eroberten Geschütze mitwirken mußten.

Noch in der Nacht von 10 Uhr an ging das französische Hauptcorps auf das rechte Ufer der Weser; die Cavallerie durch eine Furth nahe der Stadt, das Uebrige auf zwei Schiffbrücken, die eine auch näher der Stadt, welche von alliirten Truppen besetzt war, die andere südlicher dem Dorfe Neesen gegenüber, welche Brücken danach abgebrannt wurden. Wie in der Nacht zum Ersten, so war auch jetzt wohl wieder ein dichter Dunst-Nebel über Moor und Bach, wie auch über der Weser gewesen, denn bei der alliirten Armee hatte man nichts von diesem Brückenschlagen, dem Abzuge, dem Uebergange und dem Abbrennen bemerkt, man erfuhr solches erst am folgenden Vormittage durch Deserteure. Das kommt vom abendlichen Victoriaschießen; dieses Prachtexemplar von Schnaps-Dunst-Nebel hätte verdient abgebildet und der Nachwelt überliefert zu werden.

Dem Feinde auf dem Fuße, jenseits der Weser, folgte der Oberst von Laffert mit seinen beiden Bataillonen und den Husaren; der Generalmajor von Urff ward noch durch Cavallerie verstärkt wie auch durch 7 Grenadierbataillone und am linken Ufer der Weser voraus auf Detmold gesendet, während die Armee — bei welcher die Divisionsverbände wieder hergestellt wurden — am 4. am linken Ufer der Weser abmarschirte, auf Bielefeld und Paderborn. Der Erbprinz ging von Gohfeld auf Rinteln, dann bei Hameln, wo sich ihm die Besatzung anschloß, auf das rechte Ufer der Weser, dem Feinde mehr direct folgend. Auch die Jägercorps belästigten den Feind, welcher über Göttingen und Witzenhausen auf Cassel eilte. In Detmold wurde von der 2. und 3. Jägerbrigade die Bagage des französischen Hauptquartiers erbeutet, dabei interessante Briefschaften; ein Reitpferd des Marschalls, welches mit einem 15 Pfund schweren goldenen Fliegennetz bedeckt war, u.s.w. General von Urff soll bis Göttingen Beute gemacht haben, welche da schon auf eine halbe Million Thaler geschätzt wurde.

Der Herzog wartete südlich Paderborn auf das Näherkommen des Erbprinzen; die Franzosen marschierten von Cassel weiter, wonach sich die Besatzung von Cassel, 400 Mann nebst 1500 Kranken, der Jägerbrigade Friedrich’s ergaben. Man folgte nun auch mit der Hauptarmee dem Feinde direct, welcher sich südlich durch Hessen zurückzog. Dem Oberstlieutenant von Freytag — dem späteren Feldmarschall — mit der 2. und 3. Jägerbrigade ergab sich die Feste Ziegenhain. In der Nacht vom 27. zum 28. gelang es bei Wetter den Husaren und Anderen, das Fischercorps in seinem Lager zu überfallen und so zuzurichten, daß es 200 Todte und Verwundete auf dem Platze ließ, indessen es trat sofort wieder eben so kühn auf wie zuvor; nach einer Lesart soll es ein Reichscorps gewesen sein, nicht ein elsässisches.

Der Feind befestigte sich nun hinter Marburg und bei Gießen, und erkannte man aus einem abgewiesenen Vorstoß, daß der Feind hier zum festeren Stehen gekommen war. Da nun die hier weiter vorfallenden Ereignisse wohl als der Beginn einer neuen Phase des Feldzuges anzusehen sind, so möge diese Erzählung hier enden.

Während dieses Krieges führten die Briten noch einen großen Seekrieg gegen Frankreich, dessen sämmtliche Küsten bedrohend und blockirend, wie auch dessen Colonien; dann hatten sie einen von den Franzosen angezettelten Krieg in Ostindien und einen größeren in Nordamerika, wo General Wolfe den Franzosen Canada wegnahm.

Der Herzog erhielt Glückwunschschreiben, sowohl vom König Georg wie von König Friedrich. Dann erhielt er vom Könige Georg den Hosenbandorden — den ältesten und vornehmsten aller Orden — nebst 20,000 Pfund Sterling, und für Tafel und Stall eine jährliche Summe von 12,000 Pfund; aber auch der Herzog war sehr freigebig und theilte namhafte Belohnungen an manche Officiere aus. In seinem schon erwähnten Tagesbefehl waren die üblichen Lobsprüche ausgetheilt, und war darin noch erwähnt, daß wenn Lord Granby an der Spitze der Cavallerie des rechten Flügels gestanden hätte, derselbe gewiß mit zum glorreichen Ausgange der Schlacht beigetragen haben würde. Lord Sackville, welcher in dem Tagesbefehl gar nicht erwähnt worden war, fühlte sich beleidigt und verlangte von Herzoge einen Widerruf jener lobenden Erwähnung, und als dieses selbstverständlich verweigert wurde, sprengte der Lord allerlei nachtheilige Gerüchte in der Armee aus, so daß der Herzog dessen Abberufung beantragte, was auch bewilligt wurde. Der Herzog hatte dem Lord das demselben vom Könige übertragene specielle Commando über die britischen Truppen nicht abnehmen und ihn auch nicht vor ein Kriegsgericht bringen können, weil hierzu nicht eine genügende Zahl von Generalen desselben und des höheren Ranges vorhanden war. Der Lord ward hiernach in England vor ein Kriegsgericht gestellt und aus dem Dienst entlassen. Vor dem Gericht war der Lord mit großem Selbstbewußtsein aufgetreten und hatte behauptet, daß jene Befehle des Herzogs sich immer widersprochen hätten.

Das Resultat des siebenjährigen Krieges war, daß König Friedrich II., Mehrer seines Reiches, Jedem das Seine! seinen Raub behalten konnte und vor dem Untergange bewahrt geblieben ist, durch die treue Hülfe seines Oheims, Königs Georg II., des hannoverschen Welfen — durch die Tüchtigkeit von dessen Truppen und Hülfstruppen, den "vier Nationen", Briten Hannoveranern, Hessen-Casselern und Braunschweig-Bückeburgern, geführt von dem ausgezeichneten Feldherrn, dem Herzog Ferdinand, seinem Schwager, dem braunschweiger Welfen! Aber — Undank ist der Welt Lohn.

Nach dem Kriege wurden die 9 erbeuteten Fahnen in der Garnisonkirche zu Hannover über einem Epitaph aufgestellt, aber die Fahnen sind längst verschwunden, wahrscheinlich 1803. Der Gedenkstein indessen befindet sich jetzt in der Marktkirche, die Inschrift desselben lautet:

Am 1. August 1859, am 100jährigen Gedächtnißtage der Schlacht, fand in Minden eine Feier statt, an welcher auf freundliche Einladung auch eine Deputation von Officieren unseres hannoverschen Garde-Regiments theilgenommen hat. Es wurde ein Denkmal errichtet, aber nicht an einer der Stellen des Hauptkampfes, wohl weil selbe mehr ablegen sind, sondern außerhalb des nördlichen Thores, einen Spaziergang weit entfernt, an der Hauptstraße nach Stolzenau und Nienburg, welche anfänglich noch nahe der Weser hinläuft; also rechts von dieser Straße, so daß der Obelisk auch von der Weser und dem jenseitigen Ufer gesehen werden kann.