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Die so isolirt vorrückende Infanterie kam am rechten Flügel nun auch in das Feuer der sächsischen Infanterie, worauf der Herzog Verstärkung dorthin beorderte, und zwar eilte General von Watginau mit einem Bataillon hessischer Garde und unserem Bataillon Wangenheim herbei, welche aber als 2. Treffen hinter unsere Garde rückten, und danach marschirte General von Schele mit seinen noch übrigen Bataillonen der 4. Colonne hinter den rechten Flügel der Briten, woselbst sie aber nur noch geringen Verlust durch Kanonenfeuer erlitten.

Inzwischen hatte der Herzog nochmals vergeblich zum Lord geschickt gehabt und sendete nun zum 6. Male hin, aber dieses Mal zum Nächstcommandirenden, den Majorgeneral Lord Granby, welchem indessen Lord Sackville das Vorrücken untersagte, dann aber zum Herzog ritt, von welchem er jetzt den Befehl persönlich erhielt, denselben aber dennoch nicht ausführte.

Die tapferen Bataillone des 1. Treffens waren nunmehr an das Centrum der französischen Aufstellung hinangekommen, in welche jetzt die Cavallerie der Reserve, die Gensdarmes und Carabiniers eingerückt waren. In der vom preußischen Generalstabe bearbeiteten Geschichte des Siebenjährigen Krieges heißt es; "Dieses in der Kriegsgeschichte Frankreichs durch vielfache Erinnerungen verherrlichte Corps enthielt die Blüthe des französischen Adels und war der Stolz der Armee. Ihre glänzenden Reihen überflügelten auf beiden Seiten die Front der Infanterie, so daß sie diese zugleich in Flanke und Rücken nahmen; in drei heftigen Chargen durchbrachen sie auch wirklich einen Theil der ersten Linie, die Bataillons Welsh Füsiliers und hannöversche Garde. Dennoch hielt sich die überflügelte, von allen Seiten beschossene Infanterie; das 2. Treffen feuerte die durchbrechenden Reiter nieder, in wenigen Minuten stand die erste Linie wieder formirt, und ging vorwärts, Alles vor sich her auseinander treibend. Die Carabiniers und Gendarmes lösten sich mit großem Verluste auf; das Corps, dessen completer Bestand etwa 2200 Pferde in 18 Schwadronen betrug, ließ 50 Officiere todt oder gefangen zurück; außer diesen waren noch 39 großentheils schwer blessirt, unter ihnen der Commandeur der Reserve, Marquis Poyanne."

Und weiter sagt von dem Knesebeck in seinem: Die Schlacht bei Minden, was ein französischer Theilnehmer davon erzählt: "Nachdem in der Schlacht bei Minden ein englisches Corps, durch mehrere zur rechten Zeit gegebene Feuer die Linie Cavallerie, welche sich ihm gegenüber befand, zerstreut hatte, erhielten das Corps der Gendarmerie und dasjenige der Carabiniers den Befehl anzugreifen. Sie gingen nach ziemlich weit entfernt, im Galopp und en muraille, d.h. ohne seitliche Intervallen zwischen den Schwadronen, vor. Anfangs war durch das Anschließen die Mitte im Vorgehen sehr gedrängt, später waren es die Flügel, besonders der rechte. Das Feuer der Infanterie fing im Centrum ihrer Schlachtstellung an, als wir noch 15 Schritt davon entfernt waren; da das Feuer fortlaufend war, von der Mitte ausgehend und sich nach den Flügeln hin erstreckend, so machten die Pferde furchtbare Anstrengungen um sich rechts oder links zu werfen und sich zu flüchten. Das Gewicht, welches durch einen mächtigen Druck veranlaßt war, wurde ungeheuer und die Reuter, von ihren Pferden beherrscht, stürzten sich einer auf den andern und kamen in so großen Haufen zusammen, daß nur höchstens acht oder zehn von jeder Schwadron zu Pferde blieben — möchte wohl heißen sollen: Herr ihrer Pferde blieben — welche im Nu weit von dort weggerissen waren. Einige durchbrachen die feindliche Stellung, ohne sie in Unordnung bringen zu können, indem ihrer zu Wenige dazu waren. Das Feuer tödtete wenige Menschen, aber es gab viele Contusionen, viele ausgesetzte und zerbrochene Glieder; Verschiedene wurden abgeworfen und erdrückt oder von den Pferden zertreten."

Die britischen Bataillone des rechten Flügels — auch die des 2. Treffens — waren es hauptsächlich, welche durch das Feuer der Artillerie litten, durch welches aber auch dort die Cavallerie bei ihren ersten beiden Angriffen, wo die Artillerie noch feuerte, beim Angriffe genirt war, so daß zuerst unsere drei Bataillone und die Welsh Fusiliers der heftigste Stoß der Cavallerie traf, beim letzten Angriff war die Sache gleich, nur die Flügelbataillone wurden durch Herumschwenken der Cavallerie auch in Flanke und Rücken genommen, und im Centrum war so im Vormarschieren eine viel zu große Intervalle zwischen unserer Garde und den Welsh Füsiliers entstanden, durch welche Lücke der Feind auch hereinbrach.

Es fand ein förmliches Handgemenge statt, wobei Hardenberg und das 1. Bataillon Garde je zwei, das 2. aber vier Standarten und 1 Paar silberner Pauken erbeutete, während die Füsiliere nicht erwähnen, daß sie Standarten genommen hätten; auch machte das 3. Glied Kehrt und feuerte auf die durchgebrochenen oder von hinten kommenden Reuter, auf welche auch das 2. Treffen feuerte. Bei diesem Handgemenge nun ertönte von unsern Leuten wieder der schon ältere Ruf: Man tau! man to!, wonach es dann wieder vorwärts ging.

Inzwischen war unsere schwere Artillerie im Centrum aufgefahren und brachte die gegenüberstehende nach und nach zum Schweigen.

Es war etwa 9 Uhr geworden, als die immer wieder avancirende Infanterie an einige Häuser kam, wo sich ihnen eine französische Infanterie-Brigade entgegenstellte, welche mit Beistand des hessischen Gardebataillons und Wangenheim angegriffen und geworfen ward; auch rechts war französische Infanterie, gegen welche das 2. britische Treffen sich rechts neben das 1. setzend mit vorging und selbe werfen half.

Dann kam noch eine französische Cavallerie-Brigade mehr von links her auf die Flanke unseres 1. Treffens, aber gleichzeitig vom hessischen Generalmajor von Urff mit einigen Schwadronen von noch weiter links her in die Flanke gefaßt, ward auch sie zurückgeschlagen, der letzte Rest jener 63 Schwadronen der französischen Hauptarmee.

Ganz rechts drohte noch Prinz Xaver mit seinen Sachsen sich den Briten entgegenzustellen, es rückte daher Generalmajor von Schele rechts nach vorn hinaus neben letztere, worauf sich jene rasch zurückzogen. Dieses müßte schon an Hahlen vorüber gewesen sein. Prinz Anhalt war ebenfalls vorgegangen.

Südlich Malbergen hatten die Franzosen eine verschanzte Batterie von 8 Geschützen etablirt, vertheidigt von ihren Grenadieren, welche einige Male vergeblich von 4 hessischen Grenadierbataillonen angegriffen worden war, worauf unser Leib-Regiment zu Roß (weiß mit gelb und Silber; Rappen) gegen selbe vorging, aber mit großem Verlust abgewiesen wurde. Das Regiment zog sich danach rechts seitwärts zurück, sammelte sich wieder und griff darauf 2 feindliche Bataillone mit gutem Erfolge an, als 3 feindliche Schwadronen diesen zu Hülfe kamen und das Regiment umzingelten, welches sich durchschlagen mußte, wobei sein Chef und Oberst von Spörcken, dessen verwundetes Pferd gestürzt war, gefangen genommen wurde, und Oberstlieutenant Du Bois blieb; Major von Ramdohr führte dann das Regiment.

Der Angriff des Regiments auf die Batterie hatte indessen bei deren Vertheidigern große Verwirrung erzeugt gehabt, welchen Umstand zwei der hessischen Bataillone, Grenadier und Hanau, wahrnahmen und in die Batterie eindrangen; dieses Bataillon Grenadier war ein als solches organisirtes, kein nur zusammengesetztes. Trotz des Kreuzfeuers der französischen Grenadiere und einer rückwärtigen Batterie, stürmten sie weiter und warfen auch diese Feinde, wonach unser Cavallerie-Regiment Hammerstein und Holstein Dragoner zur Verfolgung herbeieilten, von denen namentlich ersteres den rechten Flügel der Hauptarmee drängte. Ein Theil der Cavallerie des Corps Broglio kam den Weichenden zu Hülfe, ward aber von jenen beiden Regimentern in die Flucht geschlagen. Das französische Regiment Marine von 4 Bataillonen nahm nun das Gefecht mit ihnen auf, erlitt aber eine vollständige Niederlage und mußte das Gewehr strecken. Bei diesen letzten Kämpfen wurden 10 Geschütze und 2 Fahnen erbeutet und der französische Majorgeneral Graf Lützelburg von einem Reuter des Regiments Hammerstein gefangen genommen.

Um 11 Uhr war der Sieg entschieden, und als nun Generallieutenant von Wangenheim auf Befehl des Herzogs vorrückte, zog sich der Herzog von Broglio in guter Ordnung zurück, besetzte die Gärten und nächste Umgebung von Minden, so den Abzug des Marschalls über die Bastau deckend, wobei derselbe von am Rande des Moores concentrirten Batterien der Alliirten, besonders der Britischen, stark beschossen wurde; auch hatte Lord Sackville den Befehl bis dorthin vorzurücken befolgt, und so seiner Cavallerie wenigstens den Anblick des sich zurückziehenden Feindes verschafft.

Die Armee des Herzogs blieb zwischen Hahlen und Kutenhausen im Bivouak, das Wangenheimsche Corps bezog sein voriges Lager.