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Hannover hatte zur Zeit ein Regiment Fußgarde zu 2 Bataillonen, dann 24 Linien-Regimenter, d.h. Bataillone, jedes 820 Mann stark. An Cavallerie: Garde-du-Corps und Grenadiere zu Pferde, 2 Schwadronen, zusammen etwa 360 Mann, roth mit blau und Silber resp. schwarz und Gold, auf Schimmeln resp. Füchsen beritten; dann 16 Schwadronen Reuter in 8 Regimentern, jedes 360 Mann, an Dragonern ebenfalls 16 Schwadronen, aber in nur 4 Regimentern, jedes 720 Mann; die eigentliche Artillerie, etwa 1440 Mann, bediente die schweren oder Reserve-Geschütze, welche zunächst in Brigaden eingetheilt waren, und dann je nach den Umständen in größere oder kleinere Batterien getheilt wurden, oder auch in den Festungen blieben; sie trugen hellblau mit roth und Gold *); das Ingenieurcorps bestand nur aus einer kleinen Zahl von Officieren und Conducteuren.

Die Bataillone hatten der Sitte jener Zeit gemäß je 7 Compagnien, in deren mittelsten die beiden Fahnen standen, die des Landesherrn, bei uns weiß mit dem königlich-churfürstlichen Wappen, und die des Regiments, von der Farbe der Dublüre (Rabatten und Aufschlägen) mit einem vom Chef gewählten Wappen nebst Motto. Bei der Cavallerie und den Dragonern (d.h. der schweren resp. der mittleren Cavallerie) hatte das Regiment und jede aus 2 oder 3 Compagnien bestehende Schwadron eine Standarte. Bei den andern Armeen hatte bereits jedes Bataillon eine Grenadiercompagnie, bei uns nur von jeder Compagnie eine Section, welche dann, mit den Zimmerleuten in Reihe und Glied, zu einem Zuge oder einer halben Compagnie zusammengestellt wurden. Aus den Grenadiercompagnien wurden Bataillone zusammengestellt, bei uns 3 solcher, jedes von den Sectionen von 8 Bataillonen. Es waren noch 2 "Neue" Regimenter da, jedes von 5 Compagnien, ohne Grenadiere, aus Eingestellten bestehend. Die Grenadiere der Fußgarde bildeten die Stabswache des Herzogs. Alle Infanterie-Bataillone trugen rothe Röcke mit verschiedener Dublüre, dann trug Alles den Zopf und den Dreispitz, ohne Federbusch, nur mit Cocarde; indessen war bei unserer Armee nach österreichischem Vorbilde schon lange das grüne Reis gebräuchlich, also ein Buch, der von Weitem einem Federbuch ähnlich sah, woran die Unseren von den ebenfalls rothröckigen Briten gleich zu unterscheiden waren. Die Grenadiere und die Leibcompagnien der Dragoner trugen Blechmützen, bei uns aber mit Tuch überzogen, die Garde blau mit dem ganzen Wappen farbig eingestickt, die andern roth mit einem Wappen, worin das weiße Roß. Cavallerie und Dragoner trugen weiße Röcke, erstere ohne Rabatten oder Brustumschläge. Alle Handfeuerwaffen waren mit Steinschloß; jedes Bataillon hatte 2 leichte Geschütze, welche von Infanterie-Artilleristen unter einem Officier bedient wurden. Alle Mannschaften waren Geworbene, also wirkliche Freiwillige, es gab aber noch Milizen oder Pflichtige, in besonderen Corps, Landregimentern.

Da es nun an leichten Truppen fehlte und die Franzosen, schon bevor der Krieg "ausgebrochen wurde", 10 000 Mann leichter Truppen errichtet hatten, so begann man hier dasselbe zu thun. Der aus holländischen Diensten gekommene Major von Luckner, Bayer von Geburt, erhielt den Auftrag, ein Husarencorps zu errichten, zuerst nur aus Ungarn bestehend, jetzt erst 430 Köpfe stark, weiße Dolmans, rothe Pelze, gelbe Schnüre, bald Pelzmützen mit rothen Beuteln, aber ohne Busch, nur kleinem gelben Ball oder Knopf als Cokarde, und auch noch an jeder Schläfe hinunter einen Zopf. Dann errichtete der Oberjägermeister Graf von der Schulenburg ein Jäger-Corps zu Pferde und zu Fuß, jetzt commandirt von dem Major von Freytag, welches Corps zur Zeit 400 Berittene und 1250 Fußjäger stark war; die Forstleute trugen Büchsen und Hirschfänger, die Uebrigen Gewehre mit Bajonets; Uniform ganz grün mit Silber; dazu hatte noch der Capitain der Grenadiere zu Roß, von Scheither, ein eben solches gemischtes Corps errichtet, jetzt etwa 400 Mann stark, dazu war noch ein eben so starkes Schützencorps, von Stockhausen, gekommen. Die Freytag’schen Jäger wurden gemischt in 3 Brigaden getheilt.

Lucknerscher Husar (2. Uniform)

Die gelben Schärpen wurden von den Generalen, ihren Stäben und von den Husaren um den Leib getragen, von den anderen Officieren über die rechte Schulter, aber von denen der Grenadiere und der Jäger, welche Feuerwaffen führten, über die linke Schulter, wohl weil die delikate Farbe beim Anschlage durch die vielleicht beschmutzte Kolbe hätte leiden können.

Im März traf die ersehnte Ordre ein, daß unsere Cavallerie sich auch bei größeren Abtheilungen auf 2 Glieder rangiren sollte, was aber nach dem Kriege wieder aufgehoben ward. Die Infanterie blieb auf 3 Glieder rangirt und focht nur geschlossen, ein regelrechtes Tirailliren kannten selbst die Jäger nicht. Diese und die Husaren führten keine Feldzeichen.

Von den Hessen-Casselern waren bei der Armee: 12 Bataillone Infanterie, jedes fast 1000 Mann stark, und einige Milizen, 8 Schwadronen Reuter in 4 Regimentern, jedes 370 Mann, 8 Schwadronen Dragoner in 2 Regimentern, jedes 700 Mann, dann Artillerie 700 Mann, Husaren 240 Mann, Jägercorps 400 Mann. Von Braunschweigern war keine Cavallerie zur Zeit mit hier; Infanterie 7 Bataillone in 3 Regimentern, 5700 Mann, Artillerie 260 Mann. In diesem Kriege soll es bei den Braunschweigern aufgekommen sein, den Ranzen nicht mehr an der linken Seite, sondern auf dem Rücken zu tragen. Bückeburger 1 starkes Bataillon, welches die Bedeckung der Artillerie-Reserve (des großen Parks) zu geben pflegte, und 1 Schwadron Carabiniers, Cürassiere aber zum leichten Dienst, auf spanischen Hengsten, welches ausgezeichnete Corps den Beweis lieferte, daß es durchaus nicht auf die Größe der Zahl einer Armee ankommt, um Hervorragendes zu leisten. Graf Wilhelm von Bückeburg, Landesherr und Schöpfer dieser Carabiniers, war ein hervorragender Ingenieur, erhielt die Oberaufsicht über die Artillerie der Armee und pflegte die schwierigeren Belagerungen zu leiten. Derselbe war Erbauer der kleinen Modell-Feste Wilhelmstein im Steinhudermeer, woselbst er eine Generalstabsschule einrichtete, die erste dieser Art in Deutschland. An preußischen Truppen unter dem preußischen Generalmajor Prinzen G.L. von Holstein-Gottorp waren bei der Armee 2 Regimenter Dragoner, Prinz Holstein und Finckenstein, jedes 5 Schwadronen, dann 3 Schwadronen Husaren von Büsch und 2 solcher von Malachofsky, zusammen fast 3000 Mann, hierzu hatte der Prinz für Rechnung des Königs in Westphalen ein Volontairbataillon, Trümbach, geworben, 660 Mann stark.

Die Uniform der Hessen und Braunschweiger war meistens blau, nach preußischem Muster; jene Dragoner aber trugen weiß.

Zu diesen Truppen kamen noch jene britischen Truppen, 6 Bataillone zu je 1000 Mann; 14 Schwadronen in 6 Regimentern, zusammen 2470 Mann, welche Bataillone und Schwadronen mit den Unseren unter Prinz Eugenius und Marlborough bereits im spanischen Erbfolgekriege und dann im Oesterreichischen gefochten hatten, und auch noch ferner mit den Unseren Bügel an Bügel zusammen reiten und Schulter an Schulter den Einbruch machen sollten.

An Artillerie und neugeworbenen Bergschotten waren noch je 330 Mann da. Das eine Garde-Reuter-Regiment und die Artillerie trugen blau, alle Anderen roth mit verschiedener Dublüre. Die Schärpen waren dunkelroth.

Die Franzosen trugen weiß oder hell sandgrau, die Cavallerie meistens blau, die Dragoner meistens roth. Unter den leichten Truppen befand sich ein berittenes Freicorps, Fischer, ähnlich uniformiert wie unsere Husaren, welches unseren Leichten sehr viel zu schaffen machte. Die französische Cavallerie war die einzige, welche noch wirklich reiten konnte, denn jede Schwadron hatte noch ihren Stallmeister, d.h. höheren Reitlehrer, und so hatten auch nur sie wirklich zugerittene Pferde; sie allein wären im Stande gewesen, eine schnelle energische Attacke zu reiten, ohne ganz auseinander zu kommen, aber sie begaben sich noch immer dieses Vortheils, weil sie noch auf 100—150 Schritte hielten, um erst ihre Pistolen abzufeuern, schräg in die Luft, um im Bogen zu treffen, danach waren sie dann beim Anreiten schon so nahe am Gegner, daß auch sie ihre Pferde nicht mehr in die volle Wucht bringen konnten.

Die alliirte Armee war in Divisionen eingetheilt, größere Abtheilungen aus Infanterie, mit deren leichten Geschützen, und aus Cavallerie bestehend; dazu kam dann die Reserve-Cavallerie und die Reserve-Artillerie, und war es so eingerichtet, daß möglichst jede der "vier Nationen" in sich zusammenblieb. Bei den Alliirten war das Manövriren in großen Abtheilungen besser als bei den Franzosen, trotz der vier Nationen, bei denen alle mündlichen und schriftlichen Befehle von den Commandirenden bis zu den Obersten hinunter nur auf französisch gegeben wurden, selbst in der einheitlich sprechenden preußischen oder irgend einer andern Armee, denn das war so die Sitte der Zeit.

König Friedrich hatte die Magazin-Verpflegung eingeführt, und dazu während und nach seinen ersten beiden schlesischen Kriegen Magazinorte angelegt. Fast jeder Ort war damals noch befestigt; war nun ein solcher passend gelegen, so wurden die alten Werke verstärkt und Magazine, vorzüglich Feldbäckereien daselbst angelegt. Die Sache war nun so, und zwar sehr gut arrangirt, daß die Truppen für 3 Tage Brod und womöglich noch Weiteres selbst mitnahmen, das Schlachtvieh nachtrieben, dann kam der wohlorganisirte Nachschub, so daß eine Armee 9 Tagemärsche weit Nachschub erhielt, wo dann gehalten und erst neue Magazine angelegt werden mußten, ehe man weiter vorrücken konnte; jene Orte hatte selbstverständlich Besatzungen. Daher bildete sich ein Manövriren heraus, um den Gegner von seinen Magazinen resp. seiner Nachschublinie zu trennen, die Orte zu belagern, die Nachschubcolonnen durch kleine Abtheilungen zu nehmen oder sie zu verhindern, den Nachschub zu leisten. Daraus entstand eine Zersplitterung in kleine Besatzungen, zu kleinen Nebenunternehmungen, und die Errichtung leichter Truppen zu jenen Störungen.
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*) Die Laffeten und Protzen waren roth angemalt. [zurück]